Wäre die Diskussion um die Baumschutzsatzung in Norderstedt ein Baum, dann wäre er ein sehr alter, knorriger Stamm, der sich mal in die eine, mal in die andere Richtung windet - irgendwie unentschieden und nicht besonders ansehnlich.

Unversöhnlich scheinen sich die Parteien der Norderstedter Stadtvertretung in der Frage gegenüber zu stehen, wie die Bäume der Stadt am besten geschützt werden. Mit den sich laufend verändernden politischen Mehrheiten wurde die Satzung mal eingeführt, mal abgeschafft. Derzeit, angestoßen von der ehemaligen Mehrheit aus SPD, GALiN und Linke, läuft das Verfahren zur Wiedereinführung. Aber im Umweltausschuss am Mittwoch, 19. Januar, von 18.30 Uhr an im Sitzungssaal 1 im Rathaus will die aktuelle bürgerliche Mehrheit einen Antrag der CDU stützen, der das Verfahren einstellt und die Wiedereinführung ad acta legen soll.

Paradox ist, dass sich sowohl die Gegner als auch die Befürworter der Satzung bezichtigen, für Baumschwund und sinnloses Abholzen von Bäumen in Norderstedt zu sorgen.

Stadtvertreterin Sybille Hahn (SPD) ist nach den intensiven Beratungen über Pro und Kontra einer Baumschutzsatzung von der Notwendigkeit einer Baumschutzsatzung überzeugt. Es müsse "klare und verbindliche Vorgaben für den Schutz der Bäume" geben, damit die Begrünung der Stadt gesichert und eine Regelungslücke im Umweltschutz geschlossen werde. Die sei entstanden, nachdem die Satzung nach drei Jahren Geltungsdauer 2004 abgeschafft worden war. CDU und FDP würden sich allein darauf verlassen, dass die Norderstedter Gartenbesitzer nicht wild drauf los fällen, sondern nur im Notfall zur Säge greifen würden. Die Verwaltung habe aber anhand von Fotos dokumentiert, wie sich ganze Stadtteile ohne zwingenden Baumschutz verändern und die Durchgrünung gefährdet ist. Deswegen hätten SPD, GALiN und Linke den Grundsatzbeschluss zur Einführung der Satzung gefasst.

Anton Josov, bürgerliches Mitglied der CDU im Umweltausschuss und Verfasser des Antrages zur Nichteinführung der Baumschutzsatzung, nimmt den Linken das Bemühen um besseren Baumschutz nicht ab. Vielmehr sieht er in deren Position "eine politisch diktierte Entscheidung zur Durchsetzung von Parteiinteressen". SPD, GALiN und Linke würden auf ihrer Meinung beharren und die aus seiner Sicht entscheidenden Argumente gegen eine Baumschutzsatzung ignorieren. "Die Satzung ist ein bürokratisches Werk, welches den Norderstedter Bürger knebelt, ihn für die Anpflanzung von Bäumen langfristig bestraft und ihn mittelbar dazu zwingt, schützenswerten Baumbestand vorzeitig zu beseitigen, um Behördenärger zu vermeiden", sagt Josov. Bürger würden dazu übergehen, Bäume sofort zu beseitigen, die vom Stammumfang her in die Satzung "hineinwachsen". Denn falls die Besitzer sie irgendwann in der Zukunft fällen wollen, würden sie sich dann strafbar machen, so Josov. Der junge Anwalt hat sich angeblich durch eine 400-seitige wissenschaftliche Untersuchung zum Thema Baumschutzsatzungen in Deutschland geschlagen und dort Belege für den satzungsbedingten Baumschwund gefunden. Außerdem hat er sich gemeinsam mit Parteikollege Arne Schumacher die Mühe gemacht, bei den Norderstedter Baumschulen die Umsätze in den Jahren ohne Baumschutzsatzung zu ermitteln. "Dabei kam heraus, dass die Norderstedter eher mehr als weniger Bäume gekauft und angepflanzt haben", sagt Schumacher. Weniger Gängelung durch die Stadt sorge also für mehr Grün. Ausreichend Schutz biete in Zweifelsfällen das Landesnaturschutzgesetz. Allein das Auslegungsverfahren für die Baumschutzsatzung habe dafür gesorgt, dass zahlreiche Bäume vorsorglich beseitigt wurden. Josov: "Das ist bedauerlich und darf den Fraktionen der SPD, der GALiN und der Linken öffentlich angelastet werden."

Sybille Hahn weist die Vorwürfe der CDU massiv zurück. Sie kritisiert dagegen, dass die CDU offenbar Angst vor dem Bürgerwillen habe. Denn im laufenden Verfahren hätten sich etliche Bürger mit Anregungen und Einwänden an die Verwaltung gewendet. "Und diese Bürgerbeteiligung will die CDU nun vor Kenntnisnahme im Ausschuss in den Papierwolf stecken", sagt Hahn.