Es gibt Leute, die transportieren ihre Möbel im Leichenwagen. Oder ihr Schlagzeug. Oder bauen das geräumige Fahrzeug um zur Familienkutsche. Doch woher kommen Leichenwagen, und seit wann gibt es sie? Schon in der Antike war die Überführung einer Leiche von einem Ort zu einer Nekropole, einem antiken Friedhof, einem Mausoleum oder in eine Pyramide ein würdevoller Akt und galt als Statussymbol.

Im alten Ägypten wurden die Verstorbenen mit einer Totenbarke über den Nil gefahren und an Land auf einen Schlitten gesetzt. Im Grab zu Elkab zum Anfang des Neuen Reiches (1550 v. d. Z. bis 1070 v. d. Z.) gibt es eine erste Darstellung einer Totenbarke und eines Schlittens auf Rädern. Der Leichnam lag auf der, von einem Baldachin überdachten Barke hoch auf einem Divan. In Indien wurde während der Antike das Tragen der Leiche bevorzugt. Als Leichengefährt ist aber auch ein von zwei schwarzen Ochsen gezogener Wagen bekannt. Nur die Römer kannten keine Leichenwagen.

In Griechenland gibt es erste Zeugnisse für einen Leichenwagen im Ilias-Epos und von Bildnissen auf Vasen aus der Zeit von zirka 1050 bis zirka 675 v. d. Z. Während der Zeit der schwarzfigurigen Vasenmalerei (zirka 675 bis 500 v. d. Z.) waren die Wagen schlichter gestaltet.

Der Leichenwagen Alexander des Großen hatte nach der Beschreibung des griechischen Geschichtsschreibers Diodor aus dem ersten Jh. v. d. Z. ein goldenes, mit Edelsteinen verziertes Gewölbe. Das goldene Kranzgesims zierten mystische Figuren mit großen Ringen. An den äußersten Stellen hingen Glocken, die den Wagen ankündigten. Die Felgen und Speichen des zweiachsigen, vierrädrigen Wagenkastens hatte zwei Achsen mit vier Rädern waren vergoldet, die Reifen aus Eisen. Der Wagen wurde von 32 Tieren gezogen.

Im Mittelalter wurden die Leichenwagen aus bäuerlichen Ackergeräten wie der Egge gebaut, die aus einem dreieckigen Rahmen aus Eisen mit Spitzen bestand. Im 13. Jahrhundert, eventuell noch früher, wurde die Egge mit den Spitzen nach oben zu einem Kerzenhalter, auf deren Zinken die Kerzen gesteckt wurden. So gelangte sie bei Beerdigungen in die Kirchen.

Zunächst wurde nur der Sarg während der Totenmesse darauf gesetzt. Doch schon bald wurde die Egge mit Tüchern drapiert und mit Kränzen geschmückt. Angehörige und Freunde spießten letzte Grüße, Trauergedichte und Nachrufe auf die freien Zinken. Mit Verstrebungen versteift, wurde die Egge zum Begräbnisort getragen. Als sie größer wurden, erhielten sie Räder. Bei Bestattungen mit militärischen Zeremonien war der Transport des Sargs auf einer Lafette üblich, dem Fahrwerk eines Geschützes.

Später wurde die Egge durch Holzwagen ersetzt, zuerst als hölzerner Karren mit einem Holzrahmen, an dessen Ecken Kegelzapfen angebracht waren. Der darauf liegende Sarg konnte jetzt reich dekoriert werden, auf die Eckpfeiler wurden Lichter gesetzt. Für bedeutende Persönlichkeiten erhielt der Leichenwagen eine Pagodenform. Fahnen, Kerzen, heraldische Zeichen und Blumenschmuck wurden aufgetürmt. Derart prunkvolle Leichenwagen waren ein Statussymbol.

Später kamen die Kutschen auf. Heute zieren Leichenwagen in Italien oftmals modisches Design. In Deutschland, Österreich und der Schweiz werden noch Schwarz und Silber bevorzugt. Die hinteren Fenster eines Leichenwagens sind meistens blickdicht verglast oder mit Gardinen verhängt. (lin)