Die 50er-Jahre im Nachkriegsdeutschland: Nicht nur Adenauer und Petticoat, Nierentisch und Wiederbewaffnung. Auch Zeiten, wo sich vor Schaufenstern noch Menschentrauben ballten, wenn drinnen ein Fernsehgerät lief. Nirgendwo aber heftiger als am Hamburger Dammtor. Dort lief kein Fernsehgerät – dort gab es Fernsehen pur, Stars live.

Ein paar unerschrockene Fernsehpioniere waren mit ihren Kameras in einen Hamburger Autosalon gezogen. Einer trat bei Opel-Dello vors Publikum, strahlte in die Kamera und sagte: „Hier ist die Aktuelle Schaubude. Wir melden uns live aus dem gläsernen Studio in der Dammtorstraße!“ Am 7. Dezember 1957 ertönte es das erste Mal, und der die Begrüßung sprach, hieß Werner Baecker. Smart, elegant, einer der das Show-Werk bis in die Fingerspitzen beherrschte.

Die Aktuelle Schaubude war wie sonst nur „Ohnsorg“ oder „Tagesschau“" einer der ersten Dauer-Seller des noch jungen Mediums. Eine Million angemeldete Fernsehgeräte gab es 1957 in Deutschland, im Jahr darauf hatte sich die Zahl bereits verdoppelt. Werner Baecker hatte die „Schaubuden“-Idee aus Amerika mitgebracht: Dort wurde täglich aus einem New Yorker Motor Shop die „Today’s Show“ übertragen. Aber bald schon konnte sich niemand mehr vorstellen, dass diese Sendeform woanders zu Hause war als in dem Autosalon in Hamburg.

Die Sendung ist eine Institution, der Auftritt dort eine Ehre. Alle wussten das und sie kamen damals für nur zweihundert Mark Gage: Udo Jürgens, Sophia Loren, Freddy Quinn, wirklich alle, bis zu den Bee Gees, den Everly Brothers und Hildegard Knef. Heute bekommen die Künstler den Euro und sind immer noch gern Gast im Studio: Roland Kaiser, Ina Müller, Stephan Sulke, Heino, Claus Wilcke, Roberto Blanco, James Last.

Nicht nur Prominenz kam zu Wort, sondern auch unbekannte Menschen – etwa jener blassgesichtige Student, der so dringend eine Bude suchte. Dem Mann konnte geholfen werden und dankbar kehrte er später zum NDR zurück, wo er heute kaum mehr wegzudenken ist: Der Königshaus-Experte Rolf Seelmann-Eggebert.

Das Geheimrezept der Sendung: Die Mischung und die Art der Präsentation. Gespräch und Musik im Wechsel, Information plus Unterhaltung, beides mehr beiläufig, fast spielerisch, wie aus dem Stand improvisiert. Und das lockte auch die Gäste an. Bundespräsident Theodor Heuss kam in der Schaubude zu Wort, Romy Schneider erzählte aus ihrem Leben, Peter Ustinov glänzte als Alleinunterhalter, Mick Jagger schaute seiner Freundin Marianne Faithfull beim Auftritt zu und Heinz Erhardt gab Witze zum Besten.

1967 fand der Umzug statt. Vom Dammtor in der Innenstadt nach Hamburg-Lokstedt ins Studio. Durch das Farbfernsehen wurden stärkere Scheinwerfer notwendig. Die Änderung ging auf, sogar der PAL-Erfinder Professor Walter Bruch lobte: „Die Schaubude hat die besten Farben.“ Die Show wurde noch immer live vor Publikum gezeigt. Sie war übrigens die erste Farbsendung im deutschen Fernsehen.

Als sich Mitte der 80er-Jahre die Medienlandschaft mit der Einführung des kommerziellen Fernsehens veränderte, wanderte die Aktuelle Schaubude vom Ersten ins NDR Fernsehen. Die Zuschauer blieben ihr aber treu. Man wusste, dass man ein Millionenpublikum hinter sich hatte. In den besten Zeiten sollen es mehr als sieben Millionen gewesen sein – weit über die deutschen Grenzen hinaus. Andere Sendungen kommen und gehen, die Aktuelle Schaubude bleibt ein Kult-Klassiker.

Bis heute haben mehr als vierzig Moderatoren im Scheinwerferlicht der Aktuellen Schaubude gestanden: Einige sind längst Fernsehlegenden, darunter Carlheinz Hollmann, Jürgen Roland, Alida Gundlach, Ramona Leiß, Heiner Stelter, Sabine Sauer. Der etwas kühle, fast trockene Hanseat Christian Müller und die mondäne Marie-Louise Steinbauer waren wohl die richtige Mischung seinerzeit. Mit zehn Jahren das dienstlängste „Schaubuden-Duo“, gefolgt von Carlo von Tiedemann und Victoria Voncampe. Schon in den 70er- und zu Beginn der 80er-Jahre war Carlo von Tiedemann das Gesicht der Aktuellen Schaubude, zuerst an der Seite von Alida Gundlach, später zusammen mit Victoria Voncampe. Mitte der 90er stieg er wieder ein und moderierte sie bis zum September 2004. Immer schnodderig, jungenhaft, nie um einen Spruch verlegen: „Das Komischste am Norden bin ich!“ Zuletzt moderierten Madeleine Wehle und Ludger Abeln die Aktuelle Schaubude bis Ende August 2009. (abm/Quelle: NDR)