Norderstedt. Die Wahl des neuen Norderstedter Sozial-, Kinder-, Schul- und Jugenddezernenten läuft auf einen Zweikampf hinaus. Nach den Vorstellungsrunden gelten Lokalmatadorin Anette Reinders, 54, und Manfred Stankat, 52, Leiter des Fachbereichs Kinder- und Jugendhilfe, Bildung und Kultur bei der Kreisverwaltung Segeberg, als Favoriten für das Spitzenamt im Rathaus.

Zwar stehen die Diskussionen in den Parteien und über die Parteigrenzen hinweg noch am Anfang, doch erste Vorentscheidungen dürften gefallen sein. Klar positioniert hat sich die GALiN, die ihre Stadtvertreterin Anette Reinders ins Rennen geschickt hat. "Wir halten an unserer Kandidatin fest. Sie hat eine wirklich überzeugende Vorstellung geliefert und war einfach die Beste", sagt GALiN-Sprecherin Maren Plaschnick.

Auch die Linke hat sich auf Reinders festgelegt. In der Zwickmühle steckt nach wie vor die SPD, für die die beiden Genossen Stankat und der Trappenkamper Bürgermeister Werner Schulz, 50, sowie Anette Reinders in der Endausscheidung sind. "Wir werden jetzt intensiv darüber reden, wen wir schließlich nominieren und natürlich auch mit den anderen Parteien sprechen", sagt Norderstedts SPD-Chefin Katrin Fedrowitz. Reinders genießt auch bei vielen Sozialdemokraten Sympathien, und die SPD steht eigentlich in der Pflicht, der GALiN-Bewerberin ins Amt zu helfen. Denn die GALiN hatte im Bürgermeister-Wahlkampf SPD-Kandidatin Katharina Kriston unterstützt. Da dürfte es spannend werden, ob sich die Sozialdemokraten für das Parteibuch oder für die Wahlhilfe erkenntlich zeigen.

SPD-Mann Schulz hingegen dürfte chancenlos sein. Ihm wird von vielen Stadtvertretern mangelnde Eignung bescheinigt. "Er kann wohl eine 5000-Einwohner-Gemeinde führen. Aber ein Mann, der schon feuchte Hände bekommt, wenn er den Oberbürgermeister begrüßt, wird kaum neben dem Chef bestehen können", fasste ein Kommunalpolitiker seinen Eindruck von Schulz zusammen.

Ähnlich deutlich äußern sich Stadtvertreter über Ute Mährlein, 45. Die FDP hatte die parteilose Juristin ins Rennen geschickt. Verwaltungserfahrung hat die Norderstedterin nicht, sie wollte mit ihren Erfahrungen als Mutter und Anwältin punkten. Doch das scheint nur bedingt gelungen zu sein. Ein "Mutti-Dezernat" komme nicht in Frage, heißt es aus den Reihen der Politiker.

Vorgestellt hatte sich auch eine Mitarbeiterin einer Kreisverwaltung aus einem Nachbarkreis, die anonym bleiben möchte, um Ärger am Arbeitsplatz zu vermeiden. Auch sie konnte die halbe Stunde, die jeder hatte, um sich zu präsentieren und die Fragen der Politiker zu beantworten, nicht so gestalten, dass sie die nötige Mehrheit hinter sich bringen könnte. Nett, freundlich und sicher in der Verwaltung versiert, aber ohne die erforderliche Gestaltungskraft und Kreativität, die das Dezernentenamt verlange, lautet die Kritik, die allerdings nicht von allen Stadtvertretern geteilt wird.

Zumindest der stellvertretende CDU-Fraktionschef Gert Leiteritz hat so viele Pluszeichen auf seinem Merkzettel notiert, dass die Kandidatin für ihn noch mit von der Partie ist. Das gilt auch für Manfred Stankat und Hermann Junghans. Der 45 Jahre alte CDU-Mann möchte vom Schweriner Rathaus ins Norderstedter Amtsgebäude wechseln. Junghans hatte vor fast drei Jahren bundesweit Schlagzeilen gemacht: Er leitete in Schwerin das Sozialdezernat, als die kleine Lea-Sophie im November 2007 auf tragische Weise gestorben ist. Die Eltern hatten ihre fünfjährige Tochter wochenlang vernachlässigt, das Kind ist verhungert und verdurstet. Die Eltern wurden zu Haftstrafen von jeweils elf Jahren und neun Monaten verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte gegen das Schweriner Jugendamt, das Dezernatsleiter Junghans unterstand, ermittelt, das Verfahren aber eingestellt. Es gebe keine Anhaltspunkte für ein strafrechtlich relevantes Verhalten der Mitarbeiter.

Bis heute schließt der damalige Dezernatsleiter eine Mitschuld und Mitverantwortung aus und hält an seiner Auffassung fest, dass er keine Versäumnisse des Jugendamtes erkennen konnte und kann. Das bringt dem Kandidaten parteiübergreifend den Vorwurf ein, "erkenntnisresistent" zu sein. Er sei mit dem Stigma der toten Lea-Sophie behaftet und würde dem Amt sowie dem Ruf der Stadt insgesamt schaden. Daher komme der Bewerber für das Spitzenamt nicht in Frage. Christdemokrat Leiteritz sagt aber: "Für uns ist nicht das Parteibuch, sondern die Qualifikation entscheidend." Die CDU werde bis zum Wahltag am 26. Oktober eine Entscheidung fällen.

"Ich sehe mich in meiner Annahme bestätigt", sagt FDP-Fraktionschef Klaus-Peter Schroeder. Stankat habe gezeigt, dass er das Amt gut ausfüllen könne. Auch Anette Reinders habe überzeugt. Die FDP will ihre Entscheidung auch davon abhängig machen, wie sich die SPD positioniert. Nominieren die Sozialdemokraten Stankat, hat der Segeberger Verwaltungsmann gute Chancen, gewählt zu werden. Schon um Reinders zu verhindern, könnten CDU und FDP für ihn stimmen. Nominiert die SPD am Wahlabend Reinders, hätte sie eine Ein-Stimmen-Mehrheit, wenn alle Stadtvertreter von SPD, GALiN und Die Linke in der geheimen Wahl für sie votieren. Gewählt ist, wer die meisten Stimmen auf sich vereinigt.

Aus diesem Verfahren könnte auch Junghans als Sieger hervorgehen. Aber nach jetzigem Stand der Diskussion nur dann, wenn es neben ihm noch mindestens zwei weitere Wahlvorschläge gibt, die 20-CDU-Stadtvertreter geschlossen für ihn votieren und sich die restlichen Stimmen relativ gleichmäßig auf die Mitbewerber verteilen.