Auszug aus der Diplomarbeit der angehenden Stadtplanerin Ulrike Jonas: “Entwicklungsperspektiven für die Eggerstedt-Kaserne in Pinneberg“.

Pinneberg. Am 25. Juni 2003 wurde die Eggerstedt-Kaserne offiziell aufgelöst. Bereits im Vorfeld, im Juni 2002, wurde die Aufstellung des Bebauungsplans 115 für das Gelände der Eggerstedt-Kaserne beschlossen. Dies macht deutlich, dass die Stadt Pinneberg frühzeitig über die geplante Standortauflösung der Bundeswehr informiert wurde. Zu diesem Zeitpunkt gab es jedoch noch keine konkreten Planungen für eine zukünftige zivile Nutzung.

Nach der Vorstellung einer durch die Büros PPL und GfL erarbeiteten Bestands- und Strukturanalyse der Eggerstedt-Kaserne wurde im Januar 2003 eine interfraktionelle Arbeitsgruppe der in der Pinneberger Ratsversammlung vertretenen Fraktionen gebildet, die in mehreren Workshops das weitere Planungsverfahren und Nutzungsvarianten diskutierte. Im Oktober 2003 wurden die von Politik und Verwaltung gemeinsam erarbeiteten, grundsätzlichen Entwicklungsziele für das Kasernengelände im Stadtentwicklungsausschuss beschlossen. Die Entwicklungsziele dienten als Grundlage für verschiedene Rahmenplanvorentwürfe, die von vier Planungsbüros im Rahmen eines städtebaulichen Wettbewerbs im Frühjahr 2004 ausgearbeitet und im Herbst 2004 der Öffentlichkeit präsentiert wurden.

Im April 2005 wurden durch den Stadtentwicklungsausschuss planerische Vorgaben für die endgültige Fassung des Rahmenplans beschlossen (vgl. DS 05/225). Binnen eines weiteren Jahres wurde der überarbeitete Entwurf des Rahmenplans mehrfach in den Gremien der Ratsversammlung kritisch erörtert. Zeitgleich fanden Untersuchungen zur Umweltprüfung statt, so dass die Ratsversammlung erst im Juni 2006 den Rahmenplan „Gartenstadt Eggerstedt“ für das Gelände der ehemaligen Eggerstedt-Kaserne beschloss.

Der Rahmenplan 2006 beinhaltet die folgenden Leitziele:

- ca. 400 bis 600 Wohneinheiten

- gebietsprägende Baustruktur soll in Teilen erhalten bleiben

- vorgesehene Nutzungen: Wohnen, kleinteiliges Gewerbe, Dienstleistungen im Gesundheitsbereich und Bildungsangebote

- Erhalt der Grün-, Wald- und Parkflächen

- Erhalt der Sportplatzflächen für Spiel-, Freizeit- und Erholungszwecke

- Anbindung des Kasernenareals an das Straßennetz nach Westen.

Der Rahmenplan 2006 sieht für die einzelnen Teilbereiche der ehemaligen Eggerstedt-Kaserne folgende Nutzungen vor: Der nördliche Rand umfasst einen Einfamilienhausgürtel und einen durch einen Grünzug abgeschirmten Gewerbehof. Im westlichen Teil der Mittelzone sind Wohnhäuser, betreutes Wohnen, Seniorenwohnungen mit Pflegeeinrichtungen, Stadtvillen, Dienstleistungen und Büronutzungen vorgesehen. Im östlichen Teil der Mittelzone ist die Umnutzung des ehemaligen Stabsgebäudes als Café oder Gaststätte mit weiteren Büronutzungen, Schulungs- und Fortbildungseinrichtungen geplant, die durch Dienstleistungs- und Wohnangebote ergänzt werden sollen. Für den westlichen Teil der Südzone sind ein Hotel mit Wellness- und Freizeiteinrichtungen, ein Ausflugslokal sowie Wohnen am Wald vorgesehen. Im östlichen Bereich der Südzone sollen hingegen Einrichtungen im Zusammenhang mit Sport und Gesundheit, z.B. ein Reha-Zentrum oder Ärztehaus entstehen. Das ehemalige Wachgebäude soll zusammen mit einem neuen Marktplatz das Entree bilden. Insgesamt werden den 33.425m² Fläche (8,9%) für die öffentliche äußere Erschließung, 115.600m² Fläche (30,9%) für öffentliche Grünflächen und 225.975m² Fläche (60,2%) für Nettobauland veranschlagt.

Schon während der Beschlussfassung des Rahmenplans 2006 wurden Stimmen laut, die zuerst ein städtebauliches Gesamtkonzept der Stadt Pinneberg vor der Entwicklung der ehemaligen Eggerstedt-Kaserne und ein Gutachten über mögliche Folgekosten für die Stadt Pinneberg bei der Ausweisung neuer Wohngebiete fordern. Zudem wurden neue Ideen von außen in das Planungsverfahren eingebracht. Das Berufsfortbildungswerk stellte seine Pläne „Bildungsstandort Eggerstedt“ im Stadtentwicklungsausschuss vor und gründete einen Förderverein Bildungszentrum Eggerstedt (FBE). Der VfL Pinneberg präsentierte sein Konzept für ein „Sportzentrum Eggerstedt“ in der Presse.

Diese neuen Vorschläge wurden zwar im Stadtentwicklungsausschuss diskutiert, fanden jedoch keine weitere Berücksichtigung. Von Juni bis September 2007 fand das Ausschreibungsverfahren der BImA zum Verkauf des Geländes der Eggerstedt-Kaserne statt.

Die Landesentwicklungsgesellschaft Schleswig-Holstein (LEG) war im Februar 2008 Höchstbieterin. Daraufhin sollte der Verkauf der Fläche an die LEG auf der Grundlage des beschlossenen Rahmenplans erfolgen. In der Folgezeit sorgten die vom Stadtentwicklungsausschuss in Auftrag gegebenen Gutachten zur Abschätzung der fiskalischen Einnahmen und zur Abschätzung der Folgekosten bei den Fraktionen für neuen Gesprächsbedarf.

Dadurch geriet der Rahmenplan massiv in Kritik. Zeitgleich beanstandete die „Bürger-Initiative Erhaltung des Naturerholungsgebietes Eggerstedter Weg und Hasenmoor“ (BIENEH) das Ausschreibungsverfahren mit dem Hinweis, dass eine europaweite Ausschreibung der Konversionsfläche hätte erfolgen müssen.

Beide Aspekte – die politische Unbeständigkeit der Ratsversammlung Pinneberg zu dem von ihr beschlossenen Rahmenplan 2006 und die rechtliche Beanstandung des Ausschreibungsverfahrens sorgten im November 2008 dafür, dass die LEG sich zurückzog und die Kaufverhandlungen zwischen der BImA und der LEG scheiterten.

Im Dezember 2008 beschloss die Ratsversammlung neue Vorgaben für die Überarbeitung des Rahmenplans. Diese Vorgaben erstrecken sich darauf, die Anzahl der Wohneinheiten auf max. 350 zu beschränken, stärker qualifizierte Bildungseinrichtungen zu berücksichtigen und eine westliche Verkehrsanbindung neu zu bewerten. In dem neuen Rahmenplanentwurf werden 60.397m² Fläche (16,1%) für die Erschließung, 234.049 m² Fläche (62,4%) für Grünflächen und 80.509m² Fläche (21,5%) für Nettobauland vorgesehen.

Im April 2009 führte der anhaltende interfraktionelle Dissens über die Nachfolgenutzung und über einen möglichen Kauf der Konversionsfläche durch die Stadt Pinneberg zu einem Beschluss der Ratsversammlung, den Aufstellungsbeschluss des B-Plans 115 und den Rahmenplan 2006 gänzlich aufzuheben. Verbindliche Planungsvorstellungen gibt es damit derzeit nicht. Das Konversionsverfahren befindet sich wieder in der Konzeptionierungsphase. Im September 2009 hat die Ratsversammlung eine aus Vertretern der Fraktionen bestehende Lenkungsgruppe zur Erarbeitung neuer Ideen und Konzepte für das Gelände der Eggerstedt-Kaserne eingesetzt. In dieser Lenkungsgruppe plädiert eine Mehrheit aus Vertretern der SPD, Bürgernahen, GAL & Unabhängigen inzwischen für die Entwicklung eines Bildungszentrums Eggerstedt, das schwerpunktmäßig den Ausbau des Areals zu einem Campus mit privaten und gemeinnützigen Bildungseinrichtungen beinhaltet, wobei eine Ergänzung mit verträglichen Gewerbebetrieben möglich bleiben soll.