Eine Glosse vonChristian-A. Thiel

Über Schönheit lässt sich bekanntlich nicht streiten. Und so war es abzusehen, dass der neue Formel-1-Rennwagen, mit dem Ferrari Sebastian Vettel die Weltmeisterschaft abjagen will, bei seiner Präsentation Hohn und Spott erntete. Quasimodo, Kastenwagen, Monstrum - das waren noch die harmloseren Beschreibungen für das feuerrote Spielmobil mit dem Nasenhöcker (Foto unten). Von einer "roten Göttin", wie die italienischen Boliden in der Vergangenheit gern genannt wurden, war eher nicht die Rede.

Dabei hat Ferrari durchaus Erfahrung mit ungewöhnlichen Kreationen. Anfang der 70er-Jahre setzte die Scuderia ein Fahrzeug ein, das den Namen "Schneepflug" erhielt, allerdings auch so langsam fuhr, als wäre es auf einer Skipiste unterwegs. Andere Autos trugen Bügelbretter oder Flügelsalat spazieren, rasten im Badewannendesign oder gleich mit vier Vorrädern. Hübsch ist anders.

Man kann aber davon ausgehen, dass es dem Rennfahrer Fernando Alonso völlig egal ist, wie sein Auto aussieht. In der Formel 1 werden Punkte nicht wie in einem Schönheitswettbewerb von Juroren vergeben, sondern danach, wer als Erster über die Ziellinie rast. In einem Rennwagen wird niemand mit ausgestelltem Ellenbogen über die Elbchaussee flanieren. Das schönste Auto ist für einen Rennfahrer immer das, mit dem er gerade gewonnen hat.

An Hässlichkeit kann man sich gewöhnen, an Nachlässigkeit nie, sagte Coco Chanel. Richtig: Erst wenn ein Rennwagen ein Rad ab hat, wird's richtig unschön.