Regisseur stellt “frappierende Ähnlichkeiten“ zwischen einer Hegemann-Kurzgeschichte und dem Kurzfilm “Try a Little Tenderness“ fest.

Berlin. Gegen die Bestsellerautorin Helene Hegemann (17) sind neue Plagiatsvorwürfe laut geworden. Wie das Szene-Magazin „Vice“ auf seiner Internetseite berichtet, hat der junge deutsche Regisseur Benjamin Teske „frappierende Ähnlichkeiten“ zwischen seinem Kurzfilm „Try a Little Tenderness“ und einer in „Vice“ abgedruckten Geschichte von Hegemann festgestellt.

Allerdings hatte Hegemann die Literaturausgabe des Magazins vor der Veröffentlichung gebeten, den Text Benjamin Teske zu widmen. „Da uns damals die Tragweite dieser Widmung nicht bewusst war (...), haben wir diese nicht abgedruckt“, räumt das Magazin ein. Man habe den Regisseur jetzt nachträglich über die Zueignung informiert. Hegemann war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.

Teskes Film lief im vergangenen Jahr beim Festival Max Ophüls Preis in Saarbrücken, an dem auch Hegemann teilnahm. Das Drehbuch basiert seinerseits auf der Kurzgeschichte „Un peu de tendresse“ des französischen Schriftstellers Martin Page, der Teske allerdings die Filmrechte gegeben hatte und im Abspann ausdrücklich genannt wird.

Hegemann hatte für Schlagzeilen gesorgt, weil ihr Überraschungs- Bestseller „Axolotl Roadkill“ passagenweise aus dem Roman und Blog eines anderen Autors übernommen sein soll. Hegemanns Verlag Ullstein bemüht sich derzeit um eine nachträgliche Abdruckgenehmigung für die umstrittenen Passagen. Welchen Umfang die Übernahmen haben, ist noch nicht abschließend geklärt.

Trotz der Plagiatsvorwürfe wurde die junge Bestseller-Autorin inzwischen für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert. Die Jury tagte bereits Ende Januar, also bevor bekanntwurde, dass die Autorin teils im Internet abgeschrieben hat. Sie blieb aber bei ihrer Entscheidung. „Diese junge Frau ist unserer Auffassung nach extrem begabt“, sagte Jury-Vorsitzende Verena Auffermann am Donnerstag. Ihr Verlag habe der Jury bestätigt, dass im Urheberrechtsstreit „alles einen ordentlichen Weg geht“. Hegemann ist mit Jan Faktor, Georg Klein, Lutz Seiler und Anne Weber in der Buchmessepreis-Kategorie „Belletristik“ nominiert.

Die mit Plagiatsvorwürfen konfrontierte Nachwuchs-Autorin Helene Hegemann hat sich erneut gegen die Kritik an ihrer Arbeitsweise verteidigt. „Da wird eine jahrhundertealte Debatte auf meinem Rücken ausgetragen. Wenn wir so anfangen, können wir den ganzen Literaturbetrieb gleich dichtmachen“, sagte die 17-jährige Berlinerin am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur.

Hegemann hatte eingeräumt, für ihren Überraschungshit „Axolotl Roadkill“ Passagen aus dem Roman und Blog eines anderen Autors übernommen zu haben. „Ich habe das nicht einfach munter abgeschrieben“, sagte sie. „Es geht hier nicht um Plagiarismus, sondern um Intertextualität – ein Arbeitsverfahren, das sehr viele Künstler benutzen.“

Zudem handele es sich nicht um einen komplett collagierten Roman, sondern um einige wenige Stellen in ihrem Buch. „Ich habe einige Versatzstücke organisch in meinem Text eingebaut und bin dadurch indirekt in Kommunikation mit dem Autor getreten“, sagte Hegemann. „Das ist nicht genug, um mir meine literarische Eigenständigkeit und die Eigenständigkeit des Buches abzuerkennen.“

Nachdrücklich wies Hegemann auch den neuen Vorwurf zurück, sie habe zudem für eine Kurzgeschichte im Szene-Magazin „Vice“ einen Film des jungen deutschen Regisseurs Benjamin Teske ausgeschlachtet. „Mein Text war eine Auseinandersetzung mit dem Film und sollte eine Hommage an Teske enthalten. Das Magazin hat diesen Hinweis einfach nicht mit abgedruckt, geschweige denn das Abdruckrecht für den Text bei mir eingeholt“, sagte sie. „Da versucht jemand, auf den Zug aufzuspringen und von der Hetze gegen mich zu profitieren.“