Denkmalschutz

Anwohner kämpfen für altes Landhaus in Bergstedt

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Melanie Wassink

Denkmalgeschütztes Anwesen der Familie Mahr verfällt. Nachbarn in Bergstedt sammeln 700 Unterschriften – und kritisieren Investor.

Hamburg.  Das Landhaus Mahr erzählt eine bewegte Geschichte. Die Villa mit dem auffälligen Reetdach wurde als Sommersitz gebaut, während des Zweiten Weltkrieges beherbergte sie die Frauenschaft der Nationalsozialisten. Später tobten Jungen und Mädchen durch den Garten mit den Obstbäumen, das Anwesen wurde zum Kinderheim.

Heute verfällt das Gebäude, das in seiner ländlichen Idylle auch schon mit dem „Immenhof“ verglichen wurde. Der Schimmel frisst sich durch die Wände, Regen tropft herein. Diesen Niedergang des 1911 errichteten, unter Denkmalschutz stehenden Hauses wollen sich die Nachbarn in Bergstedt nun nicht länger mit ansehen.

Nachbarn sammeln 700 Unterschriften

700 Unterschriften haben die An­wohner gesammelt. Ihre Stimmung schwankt zwischen Wut und Sorge. Es soll endlich etwas geschehen mit dem einstigen Schmuckstück der Gegend rund um den Alsterlauf, das bereits einen eigenen Eintrag im Internetlexikon Wikipedia hat.

Vergangene Woche wurde über den Zustand der Villa an der Straße Hohenbergstedt­ auch bei einer Veranstaltung des Arbeitskreises Denkmalschutz der Patriotischen Gesellschaft und des Denkmalvereins Hamburg diskutiert. „Es ist bitter, dass so ein Kulturerbe verfällt“, sagt Uwe Jentz, ein Architekt, der ebenfalls in der Nachbarschaft wohnt und die Unterschriftenaktion angestoßen hat. Die Frage ist, wie der Niedergang der Immobilie mit dem Denkmalschutzgesetz zu vereinbaren ist, das ansonsten das architektonische Erbe in Hamburg bewahren und schützen soll. Nach den Herbstferien will die Nachbarschaftsinitiative ihre Unterschriften dem Kultursenator übergeben. Die aufgebrachten Anwohner wollen damit an die Stadt appellieren, ihrer Verantwortung für den Bau nachzukommen.

Seit nunmehr sechs Jahren würden Handwerker an dem Haus nur kleine Ausbesserungen vornehmen, beklagt Jentz. Der Zustand verschlimmere sich ständig, der Schwamm habe sich ausgebreitet, die Heizung sei aufgeplatzt.

Vorwurf: Eigentümer will mit Investition spekulieren

„Das Landhaus war schon öfter Thema bei uns im Denkmalrat“, sagt Elinor Schües von dem ehrenamtlichen Gremium. Es sei erschreckend, wie lange das Gebäude nun schon verfalle. Wie bei anderen betagten Immobilien würde der Verfall einfach hingenommen. Die häufige Folge: Irgendwann erscheine es für den Eigentümer als wirtschaftlich nicht mehr zumutbar, das Gebäude wieder nutzbar zu machen. Dann drohe regelmäßig der Abriss. Schües nannte Beispiele wie die Schilleroper und die Säulenvilla an der Elbchaussee 186. Am Alsterlauf soll sich eine solche architektonische Tragödie nicht wiederholen: Auch bei der nächsten Sitzung des Denkmalrats werde das bekannte Bergstedter Anwesen wieder auf der Tagesordnung stehen.

Die Geschichte

2011 hatte ein bekannter Hamburger Anwalt das Landhaus erworben, das zuvor von der Stadt an die HSH Nordbank verkauft worden war. Die Wohngemeinschaft, die auf den gut 500 Quadratmetern Wohnfläche des Hauses eine alternative Lebensform etabliert hatte und dort schon seit den 1980er-Jahren lebte, musste ihr Zuhause verlassen: Der neue Eigentümer kündigte der Gruppe. Seitdem steht das Haus leer.

Die Nachbarn, die den Verfall des einst repräsentativen Landsitzes der Hamburger Familie Mahr beobachten, werfen dem neuen Eigentümer nicht nur vor, die WG an die Luft gesetzt zu haben. Sie vermuten auch, so betont Jentz, dass der Käufer mit der Investition „hauptsächlich spekulieren“ will.

4000 Quadratmeter großes Grundstück

Dirk Hertrampf vom Bezirksamt Wandsbek bestätigte dem Abendblatt auf Anfrage, dass für das Grundstück des Landhauses Mahr ein Bauantrag zur Umnutzung vorgelegen habe. Es ging um den Umbau des denkmal­geschützten Gebäudes in drei Wohneinheiten und die Errichtung von zwei Doppelhäusern. Dieser Antrag sei aber vom Bauherrn zurückgezogen worden. Neue Anträge lägen nicht vor. Der Eigentümer selber äußerte sich gegenüber dem Abendblatt nicht zu seinen Plänen.

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