Die 54-Jährige soll im Pflegeheim das Vertrauen eines Seniors erschlichen und dann sein Bankschließfach geplündert haben.

Hamburg. Am Ende des ersten Verhandlungstages weiß der Rentner nicht mal mehr den Namen der Frau, mit der er einst befreundet war und der er noch im Mai 2011 einen Urlaub finanziert hatte. Sie sitzt neben ihm im Gerichtssaal, er im Zeugenstand, sie auf der Anklagebank. Das Vergessen, es wäre halb so dramatisch, zumal der in einem Wandsbeker Pflegeheim lebende Mann mit 83 Jahren hochbetagt ist. Doch letztlich geht auf ihn zurück, dass diese Frau jetzt als Diebin vor Gericht steht und im schlimmsten Fall sogar hinter Gitter landen könnte. "Sagen Sie doch mal", fragt ihr Verteidiger, "wer ist denn Frau L.?" Mit der Hand weist Günter St. auf die Angeklagte.

Die heißt allerdings nicht Frau L., sondern Regina K. und muss sich seit gestern wegen Diebstahls verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihr vor, sich im Pflegeheim das Vertrauen des Seniors erschlichen und sein Bankschließfach geplündert zu haben. Als der Senior mal nachschaute, stellte er fest, dass von den eingelagerten 20.000 Euro nur noch 3700 Euro da und sechs Goldmünzen im Wert von 7000 Euro verschwunden waren. Das zumindest behauptet Günter St.

"Es ist eine Frechheit, dass ich hier stehe", sagt indes Regina K., 54. Damals arbeitete sie als Küchenkraft in jenem Wandsbeker Pflegeheim. Der Senior habe so traurig gewirkt, nachdem seine Frau gestorben war, da hätten sie sich angefreundet, sich zum Kaffeetrinken und zu Spaziergängen getroffen. Im Mai 2011 hätten sie Urlaub in Bad Zwischenahn gemacht - auf Kosten des Seniors. Weil Günter St. den Schmuck seiner Frau, die Münzen und das Bargeld damals in seinem Zimmerschrank hortete, habe sie ihm geraten, ein Schließfach einzurichten. Doch seine Bank habe keine Schließfächer angeboten, und deshalb habe sie eingewilligt, eines für ihn bei ihrer Sparkasse anzumieten - ein Fehler, den sie heute bereue.

Zunächst sei Günter St. sehr generös gewesen. Sechs Goldmünzen habe er ihr geschenkt. "Er hat mir immer wieder Sachen gekauft, Parfüms, Hosen, Blusen." Während der Senior vor der Sparkasse gewartet habe, habe sie vor dem Shoppen stets Geld für ihn aus dem Schließfach geholt. "Er blieb vor jedem Kleiderständer stehen", sagt Regina K. Sogar Unterwäsche habe ihr der Senior kaufen wollen. Als sie ablehnte - "das war mir peinlich" - habe er gesagt: "Dann kauf ich es eben für deine Tochter." Darauf habe sie die Beziehung erst einmal auf Eis gelegt, doch er habe nicht lockergelassen. "Er wollte immer mehr Zeit mit mir verbringen, lauerte mir im Pflegeheim vor der Küche auf."

Doch daran kann oder will sich Günter St. nicht erinnern. "Ich wollte nichts weiter von ihr", sagt er. Er habe ihr "voll vertraut", deshalb habe er ihr auch eine Zugangskarte für das Schließfach nicht weggenommen. Doch habe er ihr weder Goldmünzen geschenkt, noch sie jemals damit beauftragt, Geld für ihn aus dem Schließfach zu holen. Wie der Senior aber den Urlaub und die Geschenke für Regina K. finanzieren konnte, ohne die Reserve anzurühren, soll durch die Vorlage von Kontoauszügen am nächsten Verhandlungstag geklärt werden - zumal, so Günter St., das Pflegeheim fast seine komplette Pension erhalten habe.

Mit Günter St. als Zeuge ist es nicht einfach. Er gibt auf Fragen häufig unverständliche Antworten, er hört schlecht - oder nicht zu. Gleichzeitig wirkt er überfordert, es fällt ihm sichtlich schwer, der Verhandlung zu folgen. Auf seine Aussage, so der Richter nach der Vernehmung, werde er kaum eine Verurteilung stützen können.