Oft treffe ich auf Ukrainerinnen, die alles verloren haben – doch beklagen sie nicht ihr Schicksal, sondern sind dankbar für die Hilfe.

Zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage haben mir Ukrainerinnen über ihr wochenlanges Ausharren im umkämpften Mariupol erzählt. Von den vielen Tagen und Nächten, die sie bei zehn Grad minus ohne Strom, Wasser und einen Kontakt zur Außenwelt im Keller Todesängste ausgestanden haben, während über ihnen die Bomben fielen. Sie berichteten davon, wie sie alles verloren haben: ihr Haus, ihre Arbeit – einfach alles, was sie sich über Jahrzehnte aufgebaut haben. Bei der jungen Mutter, die ich im Ronald McDonald Haus getroffen habe, löste vermutlich der ganze Stress eine Frühgeburt aus.

Doch erstaunlich ist, dass keine der Frauen, die ich gesprochen habe, sich über ihr Schicksal bitter beklagt, auch wenn sichtbar die Tränen fließen, sondern sie immer die Dankbarkeit für die vielfältige Hilfe, die sie in Hamburg erfahren haben, in den Vordergrund stellen. So sagte die junge Mutter, dass sie so dankbar sei, dass ihr Kind in einem deutschen Krankenhaus versorgt wird und sie mit ihrem Mann, der wegen einer Augenkrankheit ausreisen konnte, in der Nähe wohnen dürfe. Das Paar war so positiv und ich voller Bewunderung für seine Tapferkeit – und gleichzeitig stolz auf die Hamburger, die so viele Ukrainerinnen unterstützen und ihnen ein wenig Menschlichkeit nach einem Albtraum zurück geben.