Hamburg. Der bundesweit agierende Verein hilft verarmten Älteren finanziell und holt sie durch Aktionen in die Mitte der Gesellschaft zurück.

Anneliese K. war immer berufstätig, selbst als ihr Sohn und ihre zwei Töchter geboren wurden, arbeitete sie schnell wieder. Trotzdem reicht ihre kleine Rente schon im Alltag nicht. Sich mal etwas zu gönnen ist erst recht nicht drin, schon ein Friseurbesuch ist unerschwinglich für sie. Die 72-Jährige geht nicht mehr ins Kino, Theater oder in ein Restaurant – und an die Ausgaben für Geburtstagswünsche ihrer Enkel mag sie gar nicht denken. Sie kann Kosten für Medikamentenzuzahlungen kaum aufbringen und wenn ein Haushaltsgerät kaputt geht, ist der Ersatz dafür nicht möglich. Nun ist vieles auch noch teurer geworden in der Corona-Zeit. Eine Möglichkeit, sich das Leben etwas zu erleichtern, wäre für sie vielleicht der bundesweit agierende Verein Ein Herz für Rentner.

Wer mindestens 55 Jahre alt ist, in Deutschland gearbeitet hat, in die gesetzliche Rentenkasse eingezahlt hat und eine Rente von höchstens 960 Euro bezieht, dem könnte dieser Verein zur Seite stehen.

Altersarmut: trotz lebenslanger Arbeit nur wenig Geld

Vorstand Sandra Bisping gründete Ein Herz für Rentner e. V. 2016, der Hauptsitz ist in München: „Ich finde es wichtig, auf die alten Menschen zu schauen, die so viel für unser Land gearbeitet haben und jetzt oft mit sehr wenig Geld auskommen müssen“, sagt die 50-Jährige. „Die Scham, arm zu sein, ist sehr groß, und so versuchen die meisten, irgendwie zurechtzukommen. Wir haben sogar viele Anfragen von Menschen, die in Vollzeit gearbeitet haben und nun arm sind. Sie waren tätig als Friseur, Handwerker, Pflege- oder Reinigungskraft.“

Sandra Bisping möchte Betroffene gern ermuntern, sich Hilfe zu holen. Der Verein kann auch dauerhaft unterstützen, er hat mit den jeweiligen Sozialämtern der Städte sogenannte Nichtanrechenbarkeitserklärungen abgeschlossen, wodurch die Hilfe/Spende nicht als Einkommen auf die Grundsicherung angerechnet wird. Mehr als neun Millionen Rentner sind in Deutschland arm, jede zweite Rente liegt unterhalb von 900 Euro. „Wir setzen uns bundesweit für die Rentner ein, unterstützen sie finanziell und holen sie zurück in die Mitte unserer Gesellschaft“, sagt Bisping.

Verein organisiert Einkäufe und Behördengänge

Der Verein organisiert Einkäufe, Spaziergänge, Behördengänge, Arztbesuche oder Reparaturen, kostenlose Veranstaltungen, zahlt Zahnarzt- und Medikamentenkosten, auch Versicherungsbeiträge, z. B. Haftpflicht. Alle 14 Tage kann eine Obst- und Gemüsebox geliefert werden. Damit soll verhindert werden, dass sich die Senioren bei Tafeln für Bedürftige anstellen müssen, um sich gesund ernähren zu können. Außerdem gibt es Smartphone-Schulungen sowie regelmäßige finanzielle Hilfe – dafür können Spender „Patenschaften“ übernehmen.

Für ein soziales Miteinander treffen sich die Rentner über den Verein mit Kindern aus Kindergärten und Schulen. Sie basteln mit ihnen, singen, tanzen oder lesen. Zwar habe Corona den Verein in dieser Hinsicht „nach hinten geworfen“, sagt Bisping, telefonisch laufe aber vieles weiter, auch Gespräche und Tipps für weiterführende Hilfen. Ein Herz für Rentner e. V. soll noch wachsen, in den Städten werden dann jeweils Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Bisping rechnet künftig mit noch wesentlich mehr Altersarmut, wenn die geburtenstarken 1960er-Jahrgänge in Rente gehen.

Wertschätzung der Lebensleistung

Rund 70 Prozent der Antragsteller sind Frauen. Wer bei Ein Herz für Rentner e. V. einmal einen Antrag gestellt habe, „gehört dann sozusagen zur Familie und darf sich jederzeit wieder bei uns melden“, sagt Sandra Bisping, die schon immer einen starken Bezug zu älteren Menschen hatte. Sie sei ein „Oma-Opa-Kind“ gewesen, lebte mit ihren Großeltern unter einem Dach. Die Wertschätzung der Lebensleistung alter Menschen liegt ihr besonders am Herzen – keiner sollte aus Angst vor der nächsten Wohnungsabrechnung nur ein Zimmer heizen oder im Dunkeln leben, weil der Strom zu teuer ist. Das sei bei vielen jedoch leider noch traurige Realität, sagt Bisping. Ihre Botschaft an arme Rentner ist: „Ihr verdient Respekt und Unterstützung, schön, dass es euch gibt!“

Ein Herz für Rentner e. V., Tel. 089/413 22 90, www.einherzfuerrentner.de