Kontrollieren oder Vertrauen? Eine neu gegründete offene Therapiegruppe unterstützt Eltern mit Kindern nach Suizidversuch

Ein Mobile mit Figuren der „Mumins“-Zeichentrickserie hängt im Therapieraum der systemischen Praxis von Inga Herden und Kristina Puhlmann: Jedes der sieben Trollwesen hat sein Päckchen zu tragen, doch fein austariert bleibt das Ganze in Balance. Wird das Mobile an einer Stelle in Bewegung versetzt, wirkt sich das auf alle Figuren im System aus. Saskia Bertram (Name geändert), die in einem Sessel in der Nähe des Mobiles sitzt, lebt derzeit in einem Familiengefüge, das gewaltig erschüttert und in Schieflage geraten ist: Seit ihr 17-jähriger Sohn vor zweieinhalb Monaten einen Suizidversuch unternommen hat, ist im Leben der 51-jährigen Verwaltungsangestellten nichts mehr wie zuvor. „Ich habe keine Anzeichen wahrgenommen, die darauf hingedeutet hätten“, sagt die alleinerziehende Mutter. „Chris macht eine Ausbildung, hat gute Freunde und nimmt keine Drogen. Seine Stimmungsschwankungen habe ich auf die Pubertät geschoben.“

Mitten in der Nacht hatten zwei Polizisten sie geweckt und ihr mitgeteilt, dass ihr Sohn einen Suizidversuch unternommen und überlebt hat. „Ich habe in den ersten Tagen nur noch funktioniert“, sagt sie. Ihr Sohn wurde am nächsten Tag in die geschlossene kinder- und jugendpsychiatrische Abteilung eines Krankenhauses überwiesen. Dort gab er als Gründe für den Suizidversuch „Stress mit der Mutter, mit dem Arbeitgeber und Ärger in der Berufsschule“ an. „Mir gegenüber konnte er gar kein Motiv nennen“, sagt Saskia Bertram. Er hat nur immer wieder betont, dass ich keine Schuld habe.“ Da Chris auf die Ärzte der Station einen psychisch stabilen Eindruck machte, wurde er nach drei Tagen auf Probe nach Hause entlassen und zur weiteren ambulanten Betreuung an eine Kinder- und Jugendpsychotherapeutin überwiesen.