Beim Job Shadowing lernen Entscheider aus Wirtschaft und Kirche den Arbeitsalltag des anderen kennen. Mehr Teilnehmer erwünscht.

Jan Richter (38) sitzt zwischen rund 60 älteren und pflegebedürftigen Menschen im Aufenthaltsraum von Pflegen und Wohnen in Heimfeld. Er blickt auf Pastorin Anne Arnholz (36) von der St. Pauluskirchengemeinde, die an diesem Morgen das Kirchencafé in der Einrichtung leitet. Sie spielt Klavier und singt mit den Menschen, die teils in Rollstühlen und neben Betreuern an gedeckten Kaffeetafeln sitzen. Sie motiviert sie zu gemeinsamen Sprachrätseln und liest ihnen Geschichten vor. Für Jan Richter ist dies ein ungewöhnlicher Einstieg in einen Arbeitstag. Normalerweise würde er jetzt Markenware für die neue Verkaufsfläche am Flughafen in Moskau festlegen oder mit Sydney oder Istanbul telefonieren. Jan Richter ist Einkaufsdirektor in der Abteilung Fashion and Accessoires bei Gebr. Heinemann. Die Hamburger Firma betreibt und beliefert weltweit Shops mit Duty Free Produkten auf Flughäfen und Kreuzfahrtschiffen. Für Richter kommt öfters vor, dass er mal eben in den Flieger steigt, um Shops oder Hersteller von Luxuswaren weltweit zu besuchen oder per Telefon global zu agieren. Doch heute begleitet er den Arbeitsalltag von Pastorin Arnholz.

Die von Bischöfin Kirsten Fehrs gemeinsam mit dem Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt der Nordkirche (KDA) ins Leben gerufene Initiative Job Shadowing will eine Begegnung von scheinbar verschiedenen Lebenswelten ermöglichen. „Wir wollen zeigen, was ein Pastor den ganzen Tag macht“, sagt Renate Fallbrüg, die das Projekt im Rahmen der Initiative Dialog Kirche und Wirtschaft Hamburg beim KDA betreut. Wie sieht das Arbeitsfeld eines Pastors aus, welche Entscheidungen müssen in Kirchengemeinden getroffen werden? Bei einem Job-Shadowing mit zwei Terminen sollen beide Partner einen Eindruck von der jeweiligen Arbeitswelt bekommen. Einen Tag lang begleitet ein Entscheider aus der Wirtschaftsbranche oder aus einer Behörde einen Pastor bei der Arbeit, kurz darauf erfolgt der Gegenbesuch des Pastors im Unternehmen seines Job-Shadowing-Partners.