Ob auf YouTube, Instagram oder Facebook, im Internet wimmelt es von Selfies und Videos zu skurrilen „Challenges“, also Herausforderungen, denen sich Jugendliche gestellt haben und bei denen sie sich haben filmen lassen. Da wird in der „Cinnamon Challenge“ ein ganzer Löffel voll Zimt geschluckt, um dann unter Hustenanfällen in einer braunen Wolke wieder ausgeprustet zu werden. Die „Duct Tape Challenge“ besteht daraus, sich im Stehen ohne Hilfe aus einer Ganzkörperumwicklung aus Klebeband zu befreien. Und in der „Kylie Jenner Challenge“ versuchen Teenager ebenso volle Lippen wie das TV-Sternchen Kylie Jenner zu bekommen, in dem sie an Gläsern oder Flaschen saugen. Der entstehende Unterdruck soll die Lippen aufwölben.
Die vielfach angeklickten Challenges werden meist als „megawitzig“ kommentiert und nachgemacht. Doch viele dieser Aktionen können lebensgefährlich werden. So besteht beim Schlucken von Zimt Erstickungsgefahr, können mit Klebebändern bandagierte Teenager sich bei Stürzen schwer verletzen, und auch der Versuch, pralle Lippen zu bekommen, kann mit schweren Verletzungen enden. Doch was treibt Jugendliche zu riskanten Aktionen, wie etwa auf höchste Dächer zu klettern (Rooftopping) oder mit Feuer zu hantieren (Fire Challenge) und Fotos davon ins Netz zu stellen?
„Es sind moderne Formen von Mutproben. Die waren schon in Offline-Zeiten attraktiv für Jugendliche, die sich, ab der Pubertät von ihren Eltern abgrenzen und mit Gleichaltrigen mithalten wollen“, sagt Astrid Carolus, Medienpsychologin und Expertin der Ratgeber-Seite „Schau Hin! Was dein Kind mit Medien macht.“ Risikobereitschaft, das Gefühl der Unbesiegbarkeit sowie der Wunsch, sich toll darzustellen, und das mit einer Gruppe zu teilen, seien kennzeichnend für die Phase des Heranwachsens. Heute böten Smartphone und Internet dafür eine Möglichkeit. Eltern rät die Expertin im Umgang mit den „Challenges“ gelassen zu reagieren, sich aber auch zu informieren. „Geben Sie mal die Top-Such-Begriffe bei Twitter ein, schauen Sie, welche Videos bei YouTube am meisten angeklickt werden, oder fragen Sie Ihre Kinder, was so im Netz läuft“, sagt die Expertin. Hilfreich sei es auch, offen mit Jugendlichen über Risiken zu sprechen, sie anzuregen, Aktionen kritisch zu hinterfragen.
Denn nicht alles, was gezeigt wird, muss echt sein, und auch nicht alle Jugendlichen finden die Aktionen toll. Das zeigen die ebenfalls im Netz verbreiteten Warnungen und Anti-Aktionen. Die richten sich auch gegen, bei jungen Mädchen beliebte „Body Challenges“, die schlimmstenfalls zur Magersucht führen. Wie unsinnig es ist, einer Challenge zu folgen, bei der die Taille dünner sein soll als ein DIN-A4-Papier, darauf macht etwa die „#Stop A4 Waist Challenge“ aufmerksam. (pet)
Weitere Tipps zum Umgang mit digitalen Medien unter: www.schau-hin.info
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