Behinderung

Sonja Berger sperrt für andere die Ohren auf

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Die Schriftdolmetscherin unterstützt Menschen mit Höreinschränkungen bei der Kommunikation, in dem sie Sprache in Schrift übersetzt. Ab Februar beginnt eine neunmonatige Ausbildung für diesen Beruf

Ihr gutes Gehör ist ihr wichtigstes Einsatzmittel, denn darauf müssen sich andere verlassen können. Sonja Berger ist Schriftdolmetscherin. Mit ihrem Laptop sitzt sie mal im Sprechzimmer eines Arztes, mal in einer Rechtsberatung, mal ist sie bei der Konferenz eines Unternehmens dabei oder bei einer Betriebsversammlung. „Ich begleite Menschen mit Hörbehinderungen in verschiedenen Gesprächssituationen und übersetze für sie Sprache in Schrift“, sagt die 39-Jährige.

Im Unterschied zu Gebärdensprachdolmetschern, die Lautsprache mit Gebärden übersetzen, erstellt Sonja Berger in Windeseile Texte. Auf ihrem Laptop schreibt sie alles möglichst wortgetreu mit, was ein oder mehrere Gesprächsteilnehmer während einer Diskussion oder Unterhaltung sagen. Teilnehmer mit Hörbehinderung können den entstehenden Text auf dem Monitor mitlesen. Bei größeren Veranstaltungen wird der Text auch über den Beamer auf eine Leinwand projiziert. Die Arbeit von Sonja Berger ist für die vielen hörgeschädigten Menschen wichtig, die keine Gebärdensprache beherrschen.

„Die große Herausforderung bei meiner Arbeit ist es, gleichzeitig zuzuhören, dies zu behalten und es aufzuschreiben“, sagt Sonja Berger. Auch wenn sie scheinbar mit ihren Fingern über die Tastatur fliegt – „ich schaffe mittlerweile 400 Zeichen pro Minute“ – so sind der Schnelligkeit irgendwann Grenzen gesetzt. Wie alle, die nach dieser konventionellen Methode schriftdolmetschen, arbeitet sie deshalb „mit vielen Kürzeln, die ich für wiederkehrende Worte und Sätze angelegt habe“, sagt Sonja Berger.

Gelernt hat Sonja Berger das Schriftdolmetschen in einer neunmonatigen Ausbildung beim Deutschen Schwerhörigen Bund (DSB). Sie besteht aus fünf Unterrichtseinheiten beim DSB, regelmäßigen Aufgaben für die Eigenarbeit sowie Praktika. „Wichtig ist das regelmäßige Üben, nur so kann man die Anzahl seiner Anschläge erhöhen und die Konzentration trainieren“, sagt Sonja Berger, die mit 240 Zeichen pro Minute angefangen hat.

Das hinter der Arbeit mehr steckt als nur schnelles Tippen, vermittelt die Ausbildung ebenfalls. „Um sich in die Probleme von Menschen mit Hörbehinderungen einzufühlen, haben wir zum Beispiel auch eine Unterrichtseinheit mit Ohrstöpseln absolviert. Man lernt dann auch, deutlich zu sprechen, denn auch das Lippenablesen kann helfen“, so Sonja Berger.

Die Hamburgerin hat die Prüfung vor kurzem bestanden und mit einigen Aufträgen schon einen Teil der Ausbildungskosten abgedeckt. „Mir macht es Spaß, eine Mittlerin zu sein“, sagt die studierte Kunsthistorikerin. Schon in ihrem früheren Job als Museumsführerin hat sie den Menschen gerne etwas über die Kulturgeschichte vermittelt. „Jetzt tue ich etwas Sinnvolles, ich unterstütze hörbehinderte Menschen, damit sie am gesellschaftlichen oder beruflichen Leben genauso teilhaben können, wie normal hörende Menschen auch“, sagt sie.

Und sie wird gebraucht. Menschen mit Höreinschränkungen haben einen gesetzlichen Anspruch auf Kommunikationshelfer wie Schriftdolmetscher. Doch in Hamburg und Umgebung gibt es noch viel zu wenige.

Im Februar startet in Hamburg eine Schriftdolmetscher-Ausbildung. Die Infoveranstaltung dazu ist am 10. Januar von 10 bis 15 Uhr.

Bitte anmelden beim Bund der Schwerhörigen Hamburg e.V., Wagnerstr. 42, 22081 Hamburg,

Tel: 291605, E-Mail: info@bds-hh.de

( (pet) )