Rund 1450 Gruppen gibt es in Hamburg. KISS hilft bei der Gründung

Es gibt Momente, da scheint das Leben förmlich auseinanderzubrechen. Dort, wo man Halt fand, greift man in ein quälend schmerzhaftes Loch. Dann nämlich, wenn man einen geliebten Menschen verliert. Und lernen muss, mit dem Tod des anderen zu leben.

Was in dieser Zeit helfen kann, um den Schmerz zu lindern, um Halt und Orientierung zu geben, ist die Selbsthilfe. Die Möglichkeit, mit anderen Betroffenen zu reden, nicht allein sein zu müssen. Trauerselbsthilfe ist nur eines von rund 1450 Angeboten der Selbsthilfe in Hamburg. Gruppen, die von Menschen gegründet wurden, die ihre eigenen Erfahrungen mit Krankheit, Problemen, Verlusten mit anderen teilen wollen, denen es ähnlich geht. Es geht darum, sich selbst zu helfen, indem man sich mit anderen zu einer Initiative zusammenschließt. "Als Experten in eigener Sache", wie es Christa Hermann formuliert. Sie ist Geschäftsführerin von KISS Hamburg, der Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfegruppen. Und wie kaum eine Zweite in Hamburg kennt sich die 49-Jährige beim Thema Selbsthilfe aus. "Selbsthilfegruppen stärken das Selbstbewusstsein, fördern soziale Kontakte und geben Orientierung und neuen Halt", sagt Hermann. Sie seien heute ein anerkannter und unverzichtbarer Teil unseres Gesundheits- und Sozialsystems.

Rund 1450 Gruppen gibt es derzeit in Hamburg. Wertvolle Ergänzungen zu ärztlicher Behandlung, medizinischer Rehabilitation und zur Bewältigung von Lebenskrisen. "Die Stärkung der Menschen findet eben nicht nur beim Arzt, beim Therapeuten oder beim Berater statt, sondern oft dazwischen", sagt Christa Hermann.

Fast immer ist es die eigene Betroffenheit, die Menschen dazu treibt, eine Selbsthilfegruppe zu gründen. Unterstützung bekommen sie in den drei Hamburger KISS-Büros in Altona, Harburg und Wandsbek. Die Mitarbeiter dort unterstützen Selbsthilfegruppen bei ihrer Arbeit, helfen bei Neugründungen und bieten Fortbildungs- und Informationsveranstaltungen an. "Wir stellen Räumlichkeiten für Gruppentreffen zur Verfügung, begleiten bei Bedarf die ersten Treffen und geben den Betroffenen Tipps", sagt Hermann.

Zum Beispiel zur Finanzierung ihrer Gruppenarbeit. Denn in Hamburg gibt es ein bundesweit einmaliges Modell, den "Selbsthilfegruppentopf". Dort können neue Gruppen eine Anschubfinanzierung, laufende Gruppen für ihre Arbeit Unterstützung beantragen. 650 Euro gibt es maximal pro Gruppe und Jahr.

Von dem Geld kann die Raummiete getragen werden, es können Honorare für Fachvorträge gezahlt und Literatur angeschafft werden. Über die Finanzierung entscheidet der Vergabeausschuss, der sich aus Vertretern der Krankenkassen, der Bürgerschaftsfraktion, der Gesundheitsbehörde, von KISS und Selbsthilfegruppen zusammensetzt.

Das Angebot an Selbsthilfegruppen in Hamburg reicht von A wie alleinerziehend bis Z wie Zwangserkrankungen. Fast wöchentlich kommen neue Gruppen hinzu. Manchmal häufen sich die Anfragen zu einem Thema bei KISS. Dann kommt es vor, dass die Einrichtung auf eigene Initiative eine Selbsthilfegruppe ins Leben ruft. Die Teilnehmer übernehmen nach vier bis fünf Treffen die Arbeit selbst, organisieren regelmäßige Treffen - in der Regel einmal pro Woche für zwei Stunden -, entwerfen Flyer und versuchen auf diesem Weg Gleichgesinnte zu finden. Auch hier unterstützt KISS.

Viermal im Jahr gibt die Kontaktstelle eine Selbsthilfezeitung heraus, in der sich neue Gruppen vorstellen und bestehende von ihrer Arbeit berichten können. Regelmäßig initiiert KISS sogenannte Erfahrungsaustauschtreffen, bei denen es um Themen wie Konfliktbewältigung in Gruppen oder Fortbildungsbedarf geht.

Grundsätzlich aber gilt: "Selbsthilfe ist etwas, das nicht fachlich angeleitet werden darf", sagt Christa Hermann. "Es geht darum, sich mit Gleichbetroffenen auf Augenhöhe auszutauschen, wie einem der Schnabel gewachsen ist. Oder manchmal einfach nur zu schweigen, wissend, dass man mit seinen Sorgen nicht alleine ist."