In der Modern Life School werden Fragen des Lebens philosophisch betrachtet

"Welches Lied fällt Ihnen zum Thema Freundschaft ein?" In einem Gebäude auf der Harburger Schlossinsel direkt am Wasser stellt die Philosophin Ina Schmidt diese Frage. "Ein Freund, ein guter Freund" kommt die Antwort prompt aus der letzten Reihe. 13 Frauen und vier Männer - Durchschnittsalter Mitte 30 - verbringen an diesem Herbstabend freiwillig und als zahlende Gäste ihre Freizeit damit, sich zu diesen zwischenmenschlichen Konstellationen Gedanken zu machen. "Freundschaft ist die schönste Form der Liebe", zitiert Frau Schmidt den Philosophen Michel de Montaigne. Die 38-Jährige steht als "Schoolmaster" vor ihrem Auditorium, "Class" genannt, in der Modern Life School.

Pia Schaf und Gaby Bohle, beide 48, haben diese etwas andere Denkfabrik gegründet. Die Idee kam den beiden, als sie einen Artikel lasen über die "Schule des Lebens" in London, die der Philosoph und Autor Alain de Botton ("Wie Proust Ihr Leben verändern kann") gegründet hat. "Es geht um Philosophie zum Anfassen. Wir haben Ideen, wie man die Welt etwas verrücken und anders hinschauen kann", sagt Pia Schaf. Die Südhessin lebt seit rund 20 Jahren in Hamburg und betreibt mit ihrer Geschäftspartnerin im Hauptberuf eine Werbeagentur.

Jeder Mensch kommt laut Pia Schaf irgendwann an den Punkt, dass er darüber nachdenkt, was wirklich im Leben zählt. Habe ich den richtigen Job? Soll das schon alles gewesen sein? Ist es wirklich die wahre, große Liebe? Wie komme ich mit der Familie klar? "Und wir kümmern uns dann aus philosophischer Sicht um diese Lebensfragen." Aristoteles, Cicero, Schopenhauer - welche Gedanken haben die sich zu diesen Dingen gemacht? Es geht um Futter für den Geist, andere Sichtweisen, die Bereitschaft zum Andersdenken und Diskutieren sowie die Begleiterscheinung, einen Abend in angenehmer Atmosphäre mit zwar Unbekannten, aber Gleichgesinnten zu verbringen.

Eine Class dauert drei Stunden und beginnt gegen 19 Uhr. Am Anfang können die Teilnehmer sich bei einem Imbiss und Getränken beschnuppern. Nach 30 Minuten beginnt der "Unterricht", unterbrochen von 15 Minuten Pause, bevor die Wissbegierigen dann gegen 22 Uhr mit neuen und anderen Gedanken in die Nacht entlassen werden. Philosophen, Künstler und Wissenschaftler sind die Lehrkräfte.

So wie Ina Schmidt. "Was gehört denn zur Freundschaft dazu?" fragt sie die Class. "Vertrauen", "Verlässlichkeit", "Verständnis", "Humor", "Geborgenheit", "Zeit" - die Begriffe fliegen durch den Raum. Philosophin Schmidt streut Zitate ein, zum Beispiel von Cicero, für den Freundschaft "Anteilnahme und Mitgefühl" ist. Und Schmidt lenkt die Diskussion auf das Thema, ob man auch mit sich selbst befreundet sein kann oder gar muss, um anderen ein guter Gefährte zu sein. Die Meinungen gehen auseinander, die Diskussion ist engagiert. Und zum Schluss können alle zustimmen, dass Freundschaft Vertrauen und Verantwortung bedeutet - zu sich selbst und für den anderen.

Patentrezepte verspricht Pia Schaf nicht. "Auch wir haben nicht den Lichtschalter im Tunnel. Aber es geht darum, die Oberfläche des Alltags zu verlassen, dem Leben wieder mehr Wertschätzung entgegenzubringen."

www.modernlifeschool.de , Tel.: 55 61 88 77