Zwei Frauen berichten, wie sie die Krankheit überwunden haben. Ein guter Haarersatz ist sehr wichtig für die Psyche

"Mich trifft diese Krankheit nie, ich bin zufrieden, glücklich und erfüllt mit meinem Beruf, meiner Familie und meinen Projekten und Interessen." So dachte Cläre B., Lehrerin in Hamburg, Mutter zweier erwachsener Kinder und engagierte Pädagogin. Bis vor zwei Jahren. Da bekam die heute 60-Jährige die Diagnose Brustkrebs mit Metastasen.

"Diese Nachricht traf meine Familie und meine Freunde sicher viel härter als mich, da ich eine Aufgabe hatte: gesund zu werden, dann gesund zu bleiben und mich verstärkt um mich zu kümmern", sagt Cläre B. heute rückblickend. "Ohne die Krankheit wäre ich kräftemäßig munter weiter über meine Grenzen gegangen."

Brustkrebs - mehr als 3300 Hamburgerinnen zwischen 20 und 85 Jahren bekommen jährlich diese niederschmetternde Diagnose. "Die Erkrankungen nehmen zu, die Sterbe-rate sinkt", sagt Helga Klafft, Hamburger Vorsitzende der Frauenselbsthilfe nach Krebs ( www.frauenselbsthilfe.de ). "Grund sind die bessere Diagnostik und Früherkennung durch Screening sowie verbesserte Medikamente."

Cläre B. stellte sich der Krankheit, machte sich aber nicht zur Geisel des Leidens: "Ich nahm die Ratschläge meiner Ärzte zur Chemotherapie und zu den Bestrahlungen ernst, suchte jedoch alternativ nach vielen Begleittherapien. Ein chinesischer Arzt gab mir mit Akupunktur und Ernährungstipps wertvolle Stärke. Eine gute Freundin gab meinem Körper Kraft durch Meditation, Gespräche und positives Denken."

Die Lehrerin organisierte kleine Projekte mit ihren Schülerinnen und Schülern, betreute weiter die Öffentlichkeitsarbeit ihrer Schule, hielt Kontakt zu Kollegen. "Es war wichtig zu wissen, dass man nicht allein ist."

Auch Helga Brietzke hörte die drei Worte "Sie haben Brustkrebs" und wusste, dass von diesem Moment an nichts mehr so sein würde wie vorher. "Dieser Satz zieht einem den Boden unter den Füßen weg", sagt die heute 70-Jährige. "Doch ich habe es geschafft, ich lebe und besitze damit einen Reichtum, den ich vor meiner Erkrankung, vor der Erfahrung von Todesangst, Schmerz und Sorge um die Familie nicht besaß, da er mir nicht bewusst war." Zusammen mit dem Mediziner Christoph Lindner hat Helga Brietzke das Buch "Ich hatte Brustkrebs" geschrieben (Zuckschwerdt Verlag München, 3. Auflage, 14,90 Euro). Außerdem leitet sie am Diakonieklinikum Hamburg eine Brustkrebs-Selbsthilfegruppe.

Im Gefühlschaos zwischen Angst vor dem Sterben, Hoffnung auf die Therapie und Sorge um die Familie macht den erkrankten Frauen vor allem eines zu schaffen: der Haarausfall während der Chemotherapie. "Das ist ein herber Verlust und schwerer Einschnitt", sagt Christian Leuschner, Psychoonkologe am Mammazentrum Hamburg. "Viele Frauen fühlen sich entwürdigt, haben Angst davor, nicht mehr attraktiv zu sein, und befürchten, dass ihnen die weibliche Identität verloren geht." Deshalb rät Leuschner dazu, beim Haarersatz nicht zu sparen. "Es geht um die Würde der Frau, sie möchte sich auch in der Öffentlichkeit sicher fühlen." Außerdem wollen viele Frauen nicht immer nur elend aussehen und so auch die Familie beruhigen.

Krankenkassen veranschlagen durchschnittlich 370 Euro für eine Perücke aus Kunsthaar bei krankheitsbedingtem Haarverlust. Kostet die Perücke mehr, zum Beispiel aus Echthaar, muss die Differenz in der Regel selbst bezahlt werden.

Um die Würde von krebskranken Frauen kümmert sich die Werkstatt für Haararbeiten "Königinnen". Am 4. September, 11-18 Uhr, lädt Ann-Kathrin Guballa in ihre Räume am Eppendorfer Weg 114 zum Haarspendetag ein. Friseure schneiden den Spenderinnen und Spendern kostenlos die Haare. Benötigt werden mindestens 20 Zentimeter unbehandeltes Haar oder zum Beispiel der bereits abgeschnittene Zopf, der vielleicht schon seit Jahren als Erinnerung an die Jugend im Schrank liegt. Die Haare werden dann in Perücken und Haarteile eingearbeitet.

Cläre B. hat den Krebs überwunden, längst sind die Haare nachgewachsen. "Ich plane gern und munter für die Zukunft und schiebe meine Sorgen um die Gesundheit oft einfach weg", sagt sie heute. Die Krankheit sei für sie wichtig gewesen. "Ich stehe dem Leben sehr viel gelassener, ruhiger, genießender und überlegter gegenüber."