"Die Menschen bauen zu viele Mauern und nicht genügend Brücken", beklagte Albert Schweitzer. Wie recht er hat, erfahren wir täglich in der Redaktion "Von Mensch zu Mensch": Wenn bei Partnern aus Liebe Hass wird und im "Rosenkrieg" um Kind, Besitz und Geld gestritten wird, wenn hilflose Eltern keinen Zugang mehr zu ihren Kindern finden, wenn junge Menschen auf taube Ohren bei ihren Eltern stoßen, Großeltern ihre Enkelkinder nicht mehr sehen dürfen, Enkel nicht ihre Großeltern und alte Menschen in ihrer Einsamkeit zugrunde gehen.

Ohne wirkliche Not werden Brücken abgebrochen, Mauern aufgebaut und Lieblosigkeit gelebt und damit unendlich viel menschliches Leid heraufbeschworen. Warum?

Jeder von uns trägt Verantwortung - nicht nur für sich selbst, sondern auch für den anderen, den Partner, die alten Eltern, den kranken und einsamen Nachbarn, vor allem für unsere Kinder. Sie brauchen Liebe, Geborgenheit und Vorbilder. Warum können wir nur so schwer vergeben und verzeihen, wenn wir - manchmal sogar zu Unrecht oder aus einem Missverständnis heraus - glauben, gekränkt oder verletzt worden zu sein.

Vielleicht sollten wir uns immer wieder an Menschen erinnern, die ihr ganzes Leben Brücken bauten: Die Hamburgerin Amalie Sieveking gehört dazu. Aufgewachsen in einer bekannten Kaufmannsfamilie, behütet und sorglos, verlor sie mit 15 Jahren beide Eltern und das Familienvermögen. Unter schwierigsten Lebensbedingungen setzte sie sich für Arme und Kranke in unserer Stadt ein und wird heute als Wegbereiterin vieler Sozialreformen und Mitbegründerin der Diakonie angesehen. Das Lebensmotto dieser ungewöhnlichen Frau hat auch nach mehr als 200 Jahren nichts von seiner Gültigkeit verloren: "Liebe, christliche Liebe, ist das Bedürfnis aller Menschen, aller Zeiten".

Es grüßt Sie herzlich

Ihre

Renate Schneider