In Deutschland mit fünf Millionen Trennungskindern müssen viele Männer um Kontakt zu ihren Kindern kämpfen

Klaus V. ist bester Laune. Zusammen mit seinem zwölfjährigen Sohn Tom sowie seiner zweiten Ehefrau Claudia will der Architekt das Wochenende an der Ostsee verbringen. Es ist sein turnusmäßiges, gerichtlich vereinbartes Wochenende mit dem Jungen. Das Hotel ist gebucht, Volleyball und Strandschaufel sind eingepackt. Doch als der 48-jährige Vater am Freitagabend den Sohn bei seiner geschiedenen Frau abholen will, macht die Mutter dem Vater einen Strich durch die Rechnung. "Tom ist nicht da, er will nicht mit dir und dieser Frau verreisen", fertigt sie ihren früheren Ehemann an der Haustür ab. "Tom ist im Pfadfinderlager."

Klaus V. kocht vor Wut. Wieder einmal hat es seine geschiedene Frau geschafft, ihm den Jungen zu entziehen, und sich nicht an gerichtlich festgesetzte Vereinbarungen gehalten.

In Deutschland gibt es etwa fünf Millionen Trennungskinder. Das macht rund 30 Millionen Betroffene, wenn man Eltern, Großeltern und Geschwister dazuzählt. Seit der Reform des Kindschaftsrechts 1998 teilen sich eheliche Eltern das Sorgerecht, dies bleibt auch nach einer Scheidung so. Das Kind hat ein Recht auf Umgang mit Vater und Mutter. Laut Gesetz müssen Eltern alles unterlassen, was die Beziehung des Kindes zum jeweils anderen Elternteil stört.

Aber die Realität sieht leider anders aus. Anwälte, Ämter und Gerichte machen es vielen Gutwilligen schwer, sich nach Trennung oder Scheidung als Vater um den Nachwuchs zu kümmern. Auch wenn es immer noch Männer gibt, die ihren Unterhaltsverpflichtungen nicht nachkommen oder sich gar nicht um ihre Kinder kümmern, so sind doch andererseits riesige Aktenberge und enttäuschte Kinder immer häufiger Zeugen eines verzweifelten Kampfes von Vätern um Umgangs- und Sorgerecht.

"Allen Kindern beide Eltern" ist deshalb das Leitwort von "Väteraufbruch für Kinder", der in Deutschland wohl größten Organisation für Kinder- und Väterrechte.

"Jedes Jahr sind etwa 500 000 Kinder von Trennung betroffen", sagt Hartmut Haas, Sprecher der Landesgruppe Hamburg. "Und statistisch gesehen wird die Hälfte der Kinder dann eines Elternteils beraubt. Wenn eine Partnerschaft in die Brüche geht, ist das schmerzhaft und bedrückend für alle Beteiligten. Aber Mann und Frau müssen damit erwachsen umgehen.

Die Kinder dürfen nicht als Waffe benutzt und aus Rache entzogen werden." Haas berichtet, dass manche Mütter die bei ihnen lebenden Kinder nach einer Trennung als "lebenden Zugewinn" betrachten. "Da wird dann der Vater schlechtgemacht. Und die Kinder trauen sich nicht, Sympathien für den abwesenden Elternteil zu entwickeln, weil sie dann Verrat an der Mutter begehen würden", sagt Haas.

Johannes Zink aus Norderstedt bezeichnet sich selbst als "entsorgter Vater". "Eine Erziehung zu Werten und Stärke habe ich vier Jahre lang paritätisch mit der Mutter praktiziert", sagt der Diplom-Ingenieur. "Dann war es der Mutter zu viel, das Kind sollte alles besser allein entscheiden. Dem Kind tat es nicht gut."

Johannes Zink hat auf seiner Internet-Seite www.kindernzuliebe.de einen offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel verfasst. Nach der Energiewende fordert Zink die Erziehungswende. Er schreibt: "Scheidungs- und Trennungskinder werden auch bei gleicher Eignung der Eltern in über 90 Prozent der Fälle in die alleinige Obhut der Mutter gegeben. Dies bedeutet in der Praxis des Kinderalltags die Ausgrenzung der Väter. In den meisten Fällen ist eine Entfremdung die Folge, die nicht selten nach geraumer Zeit sogar zur Ablehnung des ausgegrenzten Elternteils durch die Kinder führt. Noch dramatischer sind Kontaktverbote, die durch Mütter zuweilen gerichtlich erwirkt werden. Kinder lieben beide Eltern. Das ist in unserer menschlichen Natur so angelegt. Das erzwungene Fernbleiben des Vaters führt zu nachhaltigen Fehlentwicklungen der jungen Menschen, das ist belegt. Die oft mit hässlichen Begleiterscheinungen vollzogene Ausgrenzung eines Elternteils raubt den betroffenen Kindern die Hälfte ihrer Identität." Hartmut Haas von "Väteraufbruch" weiß: "Die Kinder basteln sich eine Scheinwelt. Und später leiden sie dann an mangelndem Selbstvertrauen sowie unter Verlustängsten und haben Schwierigkeiten, sich zu binden. Dadurch wird ein großer gesellschaftlicher Schaden verursacht."

Am nächsten Wochenende hat Klaus V. wieder Tom bei sich. Geplant ist nichts - aus Angst, dass die Mutter ihm den Jungen erneut entzieht.

Kontakt: zink@kindernzuliebe.de

Väteraufbruch für Kinder Hamburg, www.vafk-hh.de