Wegen eines Knochentumors musste dem 15-Jährigen ein Bein amputiert werden. Doch der Junge gibt nicht auf

"Jetzt spare ich das Geld für den Friseurbesuch außer der Reihe, muss ich nämlich vom Taschengeld bezahlen." Marc sieht es ganz pragmatisch, dass er zurzeit keine Haare auf dem Kopf hat. Die sind ihm ausgefallen - Folge einer zehnwöchigen Chemotherapie. Der 15-Jährige aus Bergedorf leidet an einem bösartigen Knochentumor (Osteosarkom) im rechten Bein. Während einer neunstündigen Operation in der Schön-Klinik Hamburg-Eilbek wurde der Tumor entfernt.

Marcs Mutter Anja Cornehl, 43, hat eine eigene Zeitrechnung: "Vor dem 19. August 2010 und nach dem 19. August 2010." Bis dahin war Marc ein normaler Teenager, der gern Sport treibt, Fernsehen guckt und im Internet surft, mit seinen Freunden über Facebook chattet und Hip-Hop hört. Doch an dem Tag bekam der Junge die Diagnose, dass die Geschwulst am rechten Knie kein hartnäckiger Bluterguss, sondern ein 19,4 Zentimeter großer bösartiger Tumor war. "Marc war ein paar Wochen vorher beim Fußballspielen mit einem Freund zusammengestoßen und hatte seitdem ein dickes Knie", erzählt Marcs Mutter. "Wir sind zum Arzt gegangen, der hat Tabletten verordnet. Als es nicht besser wurde und der Doktor vorschlug, dass sich Marc einer Magnetfeldtherapie unterziehen sollte, die aber von der Krankenkasse nicht bezahlt wird, haben wir den Arzt gewechselt."

Zum Glück. Denn diesem Mediziner kam Marcs Knie merkwürdig vor. Röntgenaufnahmen nährten den Tumorverdacht, Gewebeproben brachten dann die traurige Gewissheit. Seitdem ist im Leben von Familie Cornehl nahezu nichts mehr, wie es vorher war.

Hals über Kopf mussten die geschiedene Frau, Marc und sein zwei Jahre jüngerer Bruder Nico aus dem dritten Stock in eine Erdgeschosswohnung umziehen, damit Marc sich besser mit dem Rollstuhl bewegen kann. Durch den Umzug fielen doppelte Mietzahlungen an. Und die Wohnung muss auch noch rollstuhlgerecht umgebaut werden.

Statt nach dem Hauptschulabschluss jetzt weiter zur Schule zu gehen, musste Marc am 1. September im Universitätskrankenhaus Eppendorf (UKE) eine Chemotherapie beginnen. Dem begeisterten Taekwondo-Kämpfer, der schon den roten Gürtel hat, fielen die Haare aus, die Mundschleimhäute entzündeten sich. "Marc konnte kaum noch essen oder trinken, er hatte auch keinen Appetit", sagt seine Mutter, die so viel Zeit wie möglich bei ihrem Sohn in der Klinik verbrachte. Deshalb musste Anja Cornehl auch ihre Berufstätigkeit aufgeben. "Ich habe 20 Stunden in einer Boutique gearbeitet und wollte eigentlich nach den Sommerferien aufstocken. Aber dann kam der Krebs, und ich konnte nicht mehr planen."

Jetzt ist die tapfere Frau, die sich rührend um Marc kümmert und gleichzeitig alles dafür tut, dass der 13 Jahre alte Nico nicht zu kurz kommt, plötzlich Hartz-IV-Empfängerin. Ihr Fernstudium in Psychologie versucht die zweifache Mutter fortzuführen, "vor allem, weil ich merke, wie notwendig die Hilfe für Frauen in meiner Situation ist".

Am 16. November wurde Marc in Eilbek operiert. Das befallene Stück Bein wurde entfernt und der gesunde Unterschenkel als sogenannte Umkehrplastik so an den Oberschenkel genäht, dass der Fuß mit den Zehen nun nach hinten zeigt und als Ersatz für das nicht mehr vorhandene Kniegelenk dienen kann, damit nach vielen Therapie-Sitzungen und Stunden Krankengymnastik dann eine Prothese angepasst werden kann.

"Ich bin mit dem Heilungsprozess sehr zufrieden", urteilt der behandelnde Arzt Dr. Anusch Sufi. "Die Prognosen für Marc sind sehr gut." Eine Woche nach dem Eingriff konnte der 15-Jährige schon aufstehen und mithilfe eines Gehwagens ein paar Schritte auf dem Flur machen. "Auch wenn er noch viel Geduld haben muss - Marc ist ein Kämpfer", sagt seine Mutter. "Ich denke, dass ihm seine Taekwondo-Erfahrung zugutekommt."

Weihnachten wird Marc zu Hause verbringen dürfen, an seinem Geburtstag am 29. Dezember aber muss er im UKE sein. Denn dort muss der Junge wieder eine langwierige Chemotherapie machen. Und Anja Cornehl drücken bei der Sorge um ihren Sohn jetzt auch finanzielle Belastungen. Marcs größter Wunsch zu Weihnachten ist eine Sportprothese. Diese wird dem jungen Mann sehr viel mehr Bewegungsfreiheit erlauben, aber die Krankenkasse übernimmt die Kosten nicht. Das tägliche Leben wird für Marc überhaupt immer teurer sein, weil es für ihn keine Standardlösungen mehr gibt.

Marc hat sich mittlerweile an sein verändertes Bein gewöhnt, auch wenn der erste Anblick nach eigener Auskunft "schrecklich war". Doch der Junge weiß genau: "Ich muss da durch, das Bein rettet halt mein Leben."

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