Als Zweijährige verbrühte sich die Hamburgerin schwer. Sie klärt nicht nur am Tag des brandverletzten Kindes auf

Louisa, ihre Schwester Antonia, ihr Bruder Max und ihre Mutter sitzen am Esstisch und unterhalten sich - da kippt eine Tasse um. Tee ergießt sich über den Tisch. Ein derartiges Malheur ruft bei Louisa kurz einen Schrecken, zugleich aber ein Schutzbedürfnis hervor. Sie sagt: "Wenn wir Tee kochen, achte ich darauf, dass mein kleiner Bruder nicht in der Küche ist." Die 15-jährige Hamburgerin geht in die neunte Klasse der Schülerschule Waldenau in Pinneberg, ihr Brüderchen ist drei. Ein Alter, in dem Louisa bereits einiges durch- und mitgemacht hatte.

Es war der 2. November 1997. Ihr Vater kochte in der Küche Wasser auf. Die damals Zweijährige kletterte auf einen Hocker, kam ins Wanken und hielt sich an ihrem Vater fest. Dabei schwappte heißes Wasser aus dem Becher und ergoss sich über Louisa. Das kleine Mädchen fing fürchterlich an zu schreien. Was konnten die Eltern tun?

Sie stellten Louisa unter die kalte Dusche, zogen ihre Kleidung aus und sahen, wie ihre Haut am rechten Arm und Oberkörper in Fetzen herunterhing. Als sie unter der Notrufnummer 112 nicht sofort Anschluss bekamen, rasten die Eltern mit Louisa ins nahe gelegene Krankenhaus. Die Erstbehandlung dort war alles andere als fachgerecht. Nachdem die Eltern mit Louisa nach Hause zurückgekehrt waren, beruhigte sich ihre Tochter nicht. "Wir lasen in einem Ärzteratgeber, dass Kinder mit Verbrühungen, die mindestens fünf Prozent der Körperoberfläche betreffen, stationär behandelt werden müssen", erinnert sich Mutter Doerthe Wegener. Noch in der Unfallnacht brachten die Eltern Louisa in eine Kinderklinik, in der sie unter Vollnarkose operiert wurde. Zweieinhalb Wochen Aufenthalt folgten. Danach zeigte sich: Acht Prozent ihres Körpers waren teils dritten Grades verbrüht.

Erst durch ein Sanitätshaus erfuhr Doerthe Wegener von der Elterninitiative brandverletzte Kinder - Paulinchen e. V. "Dort wurde uns von Gleichgesinnten das erste Mal seelischer Beistand zuteil", sagt die Mutter. Die Wegeners bekamen den Rat, Louisa in einem Zentrum für Schwerbrandverletzte vorzustellen. Dort transplantierten Ärzte ihr ein 1,5 mal 4 cm großes Stück Haut vom Oberschenkel in die Armwunde.

"Meine früheste Erinnerung an diese Zeit ist, dass ich in der Umkleidekabine vom Schwimmbad ein Verbrühungshemdchen anhatte", erzählt Louisa. Diese Kompressionshemden trug sie regelmäßig. Das Glück im Unglück: Im Vorschulalter wurden ihre Narben intensiv, regelmäßig und gut behandelt.

"Louisa ist immer offen damit umgegangen, wenn ihre Mitschüler sie gefragt haben, was sie hat", sagt Doerthe Wegener. "Manchmal fragen mich Kinder noch heute", ergänzt Louisa. "Dann erzähle ich ihnen meine Geschichte." Über die Gefahren von Feuer und heißem Wasser hat sie an Infoständen schon aufgeklärt. Dass Paulinchen e. V. den "Tag des brandverletzten Kindes" am 7. Dezember ins Leben gerufen hat, unterstützt Louisa. "Ich hoffe, dass Kinder so mehr Aufmerksamkeit bekommen und ihnen richtig geholfen wird."

Ihre Mutter sagt: "Seelische Narben sind bei Louisa keine zurückgeblieben." Und Louisas Brüderchen Max hat bereits einen ganz besonderen Berufswunsch: Feuerwehrmann.