Im Hospital zum Heiligen Geist engagiert sich Konstantin von Rex ehrenamtlich. Weitere Zeitspender werden gebraucht

Zwischen der alten Dame und dem jungen Mann liegen 67 Jahre, fast ein ganzes Leben. Trotzdem oder vielleicht gerade deswegen verstehen sie sich so gut. Einmal in der Woche fährt Konstantin Graf von Rex, 29, ins Hospital zum Heiligen Geist nach Poppenbüttel und besucht dort Thea Drohn, 96, nicht immer zur selben Zeit, aber dennoch regelmäßig. Seine Freunde kennen das inzwischen: "Ich muss los, ich gehe zu Thea", sagt er dann und spurtet zur Bahn, wenn sein Bruder gerade das Auto hat. Er macht das seit gut anderthalb Jahren. Konsequent. "Man muss rechtzeitig im Leben damit anfangen, damit es später, wenn man im Beruf steht, zur Selbstverständlichkeit geworden ist", sagt er.

Oft hört er einfach nur zu, und es macht ihm Spaß. "Ich nehme immer etwas mit", sagt er. Frau Drohn hatte ein interessantes Leben und kann sich erstaunlich gut daran erinnern. Sie hat nach dem Zweiten Weltkrieg lange Zeit gearbeitet, war zweimal verheiratet, ist viel gereist und führte ein offenes Haus mit Freunden und Einladungen. Mit ihrer Familie versteht sie sich gut, doch Kinder und Enkel wohnen nicht in Hamburg."

Konstantin von Rex, der in Hamburg sein Referendariat macht und derzeit für sein bevorstehendes Jura-Examen lernt, schenkt Frau Drohn eine Stunde in der Woche. Nach seiner Arbeit. Das scheint nicht viel, aber darauf kommt es nicht an. Es ist die Regelmäßigkeit, die zählt. Manchmal geht es an diesen gemeinsamen Spätnachmittagen auch um ernste Themen. Darum, wie es ist, alt zu werden. Wie es ist, das gewohnte Umfeld zu verlieren.

Manchmal kann der engagierte Zeitspender Frau Drohn auch helfen. So wie einmal, als sie meinte, ihre Handtasche im Taxi vergessen zu haben. Für die Mitarbeiter im Hospital zum Heiligen Geist wäre die Suche ein Mehr an Zeit, das in den täglichen Arbeitsablauf eingepasst werden müsste. Für Konstantin, wie ihn Frau Drohn jetzt nennt, war es eine Sache von nur einer Minute und konzentriertem Hinschauen. Er fand die Tasche auf einem Stuhl, verborgen hinter einem Paket.

Am Ende des Besuchs steht jedes Mal das gleiche Ritual: "Frau Drohn, passt es Ihnen denn nächsten Dienstag?" fragt er. Konstantin von Rex macht das sehr bewusst. Er erklärt: "Ich will ihr das Gefühl geben, dass es sich wirklich um einen freundschaftlichen Besuch handelt, und nicht um einen Pflichtkrankenbesuch." Frau Drohn kann nur noch im Rollstuhl sitzen, aber ihre Augen sind hellwach und lebhaft, sie weiß den Gesprächspartner zu schätzen.

Annegret von Freyberg, Koordinatorin des Zeitspender-Teams vom Hospital zum Heiligen Geist und selbst auch ehrenamtliche Wegbegleiterin, hatte den Kontakt zwischen den beiden Menschen vermittelt. "Ich hatte das Gefühl, das könnte passen", sagt sie.

Konstantin von Rex hat keine Ausbildung zum Wegbegleiter gemacht, er hat einfach angefangen. Die Chemie zwischen ihm und der alten Dame stimmte vom ersten Augenblick an, das Vertrauen kam hinzu. Zunächst hielt Thea Drohn den Jurastudenten für einen Zivildienstleistenden. Es dauerte eine Weile, bis sie verstand, dass er sie besucht, weil es ihm ein Anliegen ist.

Vor knapp zwei Jahren kam Konstantin von Rex nach Hamburg. Ein Zeitpunkt, der ihm "rechtzeitig" für den Beginn einer ehrenamtlichen Arbeit erschien. Aus dem Familienkreis wusste er, wie wichtig es sein kann, Zeit zu schenken und sich um einen Menschen zu kümmern. "Kranksein kann sehr isolieren, oft kann das Umfeld nur schlecht damit umgehen", hat er erfahren. Seine Freunde finden toll, was er tut. "Aber wenn ich sie direkt darauf anspreche, ist die Reaktion eher zögerlich." Für den angehenden Juristen ist die Sache mit dem Zeitspenden eine einfache Rechnung: "Ich gebe regelmäßig Zeit für Sport, für Freunde, also kann ich es auch für einen alten Menschen tun."