Brennspiritus verursacht mehr als 4000 Grillunfälle jährlich. Alle wären vermeidbar gewesen - auch der des kleinen Jan.

Es geschah an seinem siebten Geburtstag. Der kleine Jan hatte alle seine Freunde zur Gartenparty eingeladen. Mama verteilte Kuchen, Papa bediente den Grill. Um die Würstchen schneller zu garen, goss er Spiritus auf die Holzkohle und zündete sie an. In Sekundenschnelle bildete sich eine riesige Feuerwand und erfasste Jan, der neben dem Grill stand. Der Junge stand sofort in Flammen, sein Vater warf sich auf ihn und erstickte das Feuer mit Decken. Der herbeigerufene Notarzt wies das Kind in die Spezialabteilung für brandverletzte Kinder des Kinderkrankenhauses Wilhelmstift ein. Es trug Verbrennungen zweiten und dritten Grades davon, 30 Prozent der Haut waren betroffen.

Immer wieder kommt es nach Einsatz von Spiritus zu derart drastischen Grillunfällen. Etwa 4000 sind es pro Jahr in Deutschland, mehr als 400 davon enden mit schwersten Verbrennungen. "Dabei sind diese Unfälle zu hundert Prozent vermeidbar", sagt Adelheid Gottwald, Vorsitzende des Vereins Paulinchen - Initiative für brandverletzte Kinder. Ihr Appell: "Hände weg von Spiritus und anderen Brandbeschleunigern beim Grillen. Wenn brennbare Flüssigkeiten wie Spiritus erhitzt oder in die heiße Glut gegossen werden, entsteht eine Gaswolke. "Die entzündet sich schlagartig und wird zu einer riesigen Flammenwand", erklärt Adelheid Gottwald.

Die Leidtragenden dieser Unfälle sind meistens Kinder. Selbst wenn sie meterweit weg vom Grill spielen, können sie schwer verletzt werden. "Ich erinnere mich an einen Fall, bei dem die Spiritusflasche durch Rückzündung explodiert ist und ein gut zehn Meter entfernt stehendes Kind sehr schwer verletzte", sagt die Paulinchen-Vorsitzende. Für die kleinen Unfallopfer folgen schmerzhafte und langwierige Behandlungen. "Oftmals kommt es zu schweren Gesichtsverbrennungen, dann müssen die Kinder beatmet werden, weil Schwellungen die Atemwege verlegen", sagt Christoph Beckmann, Oberarzt der Abteilung für Neonatologie, Pädiatrische Intensivmedizin und Schwerstbrandverletzte im Hamburger Kinderkrankenhaus Wilhelmstift. Zudem bekommen die kleinen Patienten starke Schmerz- und Beruhigungsmedikamente. Die Haut, die bis auf tiefere Schichten geschädigt ist, kann sich nicht von unten her regenerieren, es werden mehrere Hauttransplantationen nötig. Um eine starke Narbenbildung zu verhindern, müssen die jungen Patienten zwei Jahre lang Tag und Nacht Kompressionsbekleidung tragen. "Narben sind nicht ganz zu verhindern, etwas wird immer zu sehen sein", sagt Spezialist Beckmann.

Neben der fahrlässigen Verwendung von Spiritus geht auch von glühender Holzkohle Gefahr aus. Kinder, die dem Grill zu nahe kommen, die durch Windstöße glühende Kohlepartikel ins Auge bekommen oder die etwa am Strand über Stellen laufen, an der noch nicht erkaltete Kohle vergraben wurde, können sich ebenfalls schwer verbrennen. Meist sind dann empfindliche, weil ständig beanspruchte Körperstellen wie Handflächen und Fußsohlen betroffen.

"Wer Kohle im Sand vergräbt, erstickt zwar das Feuer, aber die Hitze bleibt noch lange erhalten", erklärt André Braker von der Feuerwehr Hamburg. Er rät, die Holzkohle mit Wasser zu löschen oder an einem gesicherten Bereich einen Tag lang stehen zu lassen. Flüssigkeiten wie Spiritus lassen sich dagegen nicht mit Wasser, sondern mit Sand oder Löschdecken eindämmen. Wichtigste Erste-Hilfe-Maßnahme ist das Kühlen der verletzten Stellen mit Wasser. "Aber nicht kälter als 15 Grad, sonst besteht Unterkühlungsgefahr ", sagt Adelheid Gottwald.

Damit es gar nicht erst zur Katastrophe kommt, sollte man sich die Gefahren bewusst machen und die Grillregeln beachten.

Weitere Informationen bei Paulinchen e. V., Segeberger Chaussee 35, 22850 Norderstedt, Tel: 040/52 95 06 66, www.paulinchen.de