Projekt “Kids in die Clubs“ ermöglicht bereits 5200 Kindern Mitgliedschaft - USC Paloma setzt Initiative engagiert um. Elterngespräche mit Dolmetscher.

Als Frank Montag vor zwei Jahren Geschäftsführer des traditionsreichen Hamburger Sportvereins USC Paloma von 1909 wurde, machte er sich als Erstes auf den Weg durch den Stadtteil Barmbek-Süd. Er sprach mit Eltern, Lehrern, Erziehern, Sozialarbeitern, Politikern, und er blickte, wie er heute in seiner Rückschau erzählt, "immer wieder in traurige Kinderaugen". Gern hätten diese Jugendlichen nach der Schule auch Fußball mit den anderen aus ihrer Klasse gespielt, gemeinsam mit ihnen Sport getrieben, am liebsten in einer Mannschaft, aber ihre Eltern hatten das Geld für den Vereinsbeitrag nicht. Was Montag oft zu hören bekam, waren Sätze wie "Ich muss zu Hause bleiben" oder "Wir sind drei Kinder, da kann doch nur einer von uns Fußball bei Paloma spielen".

Montag, 39, wusste Rat. Er kannte das Projekt "Kids in die Clubs", das vor sieben Jahren vom gemeinnützigen Abendblatt-Verein "Kinder helfen Kindern" ins Leben gerufen wurde und bis heute mithilfe der Hamburger Sportjugend (HSJ) und der Sozialbehörde der Stadt mehr als 5200 Kindern und Jugendlichen eine Mitgliedschaft in einem der rund 800 Hamburger Sportvereine ermöglichte. Und er wurde sofort aktiv. Als Mitglied des Jugendhilfeausschusses seines Bezirks mobilisierte er sein Netzwerk, ließ Flyer in verschiedenen Sprachen drucken, verteilte sie und nahm zu Elterngesprächen, wenn notwendig, einen Dolmetscher mit. Die Bilanz nach zwei Jahren ist eindrucksvoll. Wurden 2010 erst zwölf Kinder über "Kids in die Clubs" beim USC Paloma unterstützt, sind es heute 95, weitere zehn Aufnahmeanträge liegen in der Geschäftsstelle in der Brucknerstraße. Rund 80 Prozent der Kinder haben einen Migrationshintergrund.

+++ HSH Nordbank Run +++

Winfried Sieprath-Endruweit, 65, ist Fußballtrainer bei Paloma. Er betreut die dritte D-Jugend, das sind die Zehn- bis Zwölfjährigen. Jugendarbeit im Verein ist für den pensionierten Verwaltungsbeamten eine von drei Säulen der Erziehung, neben Schule und Elternhaus. Sieprath-Endruweit ist Trainer aus Leidenschaft, inzwischen seit 35 Jahren. Lange lebte er in Aachen, erst im vergangenen Jahr zog er nach Hamburg. Die Arbeitsbedingungen und das Umfeld bei Paloma gefielen ihm. Ihm liegen die Talente am Herzen genauso wie diejenigen, denen schnelle Bewegungen, gute Körperbeherrschung und elegante Ballbehandlung noch schwerfallen. Sport ist für ihn immer auch ein Gemeinschaftserlebnis. Und deshalb hat er sich besonders gefreut, dass zur viertägigen Trainingsfahrt in den Osterschulferien nach Westerstede (Landkreis Ammerland) in diesem Frühjahr zum ersten Mal alle Kinder mitkommen konnten, auch jene, deren Eltern die Reise nicht hätten zahlen können. Auch hier hilft "Kids in die Clubs" so unbürokratisch wie möglich.

"Sie können sich die Begeisterung der Kinder nicht vorstellen, die sonst bei diesen Unternehmungen stets zu Hause geblieben sind", sagt Sieprath-Endruweit. "Sie haben gelacht, ihre Augen haben gestrahlt, die waren richtig glücklich." Es wurde eine der schönsten Reisen, sagt er, die er je mitgemacht hat. Es bedurfte zuvor jedoch viel Überzeugungsarbeit bei jenen Eltern, die ihre Kinder nicht mitschicken mochten, weil sie "keine Almosen" annehmen wollten. "Es geht um Ihre Kinder, dass es ihnen gut geht, sie Spaß haben", hat Sieprath-Endruweit dann immer wieder gesagt, und irgendwann haben sie ihn verstanden. Die Hemmschwelle, Hilfe anzunehmen, sei nach wie vor hoch, weiß der Trainer aus diesen Gesprächen.

Die Hamburger Sportjugend hat deshalb die bürokratischen Hürden für die Aufnahme in das Programm auf ein Minimum reduziert. Eltern müssen für den Antrag bei ihrem Verein keine neuen Einkommensnachweise vorlegen. Wer von Büchergeldzahlungen für die Schule befreit ist, beim Kita-Gutschein nur den Mindestbeitrag zahlt oder Hartz-IV-Empfänger ist, hat auch Anrecht auf die Unterstützung seiner Kinder durch "Kids in die Clubs". Ebenso bei Normalverdienern mit drei Kindern, die in einer Mietwohnung leben oder ein Eigenheim mit hoher Darlehensbelastung haben, kann die öffentlich-private Initiative die Vereinsbeiträge für die Kinder übernehmen. "Das Angebot beschränkt sich im Gegensatz zu anderen Städten nicht auf Hartz-IV-Empfänger, es ist wesentlich breiter gefächert. Wir wollen so viele Kinder wie möglich fördern", sagt Günter Ploß, der Präsident des Hamburger Sportbundes.