Der Propst des Kirchenkreises Hamburg-Ost verrät, warum er um Theologiestudenten wirbt und warum es ihn erfüllt, Pastor zu sein.

Hamburg. Vor Kurzem auf einer Geburtstagsfeier. Die Gäste waren um die 50 Jahre alt. Wie es sich in dieser Lebensphase kaum vermeiden lässt, kam schnell die Sinnfrage auf. Der Rechtsanwalt, der Steuerberater und der Arzt grübelten laut, ob sie den richtigen Beruf ergriffen hätten, ob sie jetzt noch einmal "richtig angreifen" oder lieber etwas anderes anfangen sollten. Mir sind diese Fragen ziemlich fremd. Natürlich habe ich als Pastor auch Stress mit Kollegen, plagen mich Finanznöte, misslingt mir manches. Aber mein berufliches "Thema" erscheint mir immer noch unerschöpflich zu sein. Zudem habe ich in jeder Woche mindestens drei, vier an sich sinnvolle Erlebnisse. Das ist eine gute Quote. Die anderen Gäste schauten mich zweifelnd an. Aber ganz ehrlich, Pastorsein ist wirklich ein schöner Beruf.

Das wird besonders in diesen Tagen deutlich, da wir das Ganze des menschlichen Lebens vor Gott bringen, bedenken und feiern. Gestern am Karfreitag sind wir tief hinabgestiegen, als wir uns den Tod Jesu am Kreuz vergegenwärtigt haben. Heute werden wir die Osternacht feiern. Wir werden in der dunklen Kirche beginnen, doch dann kommt mitten in der Nacht das Licht, die Erinnerung an die Auferstehung Christi und die eigene Taufe. So ist beides miteinander verknüpft, das Gedächtnis an das Wunder Gottes und die Hoffnung für das eigene Leben. Morgen werden wir dies in großer Fröhlichkeit feiern: Ostern als Aufbruch zum Leben, gegen Verzweiflung und Resignation, ein Fest der Zuversicht für mich und die ganze Welt. Feiern Sie doch mit in einem der vielen, vielen Festgottesdienste in Ihrer Gemeinde, in unserer Stadt!

+++ Tierischer Gottesdienst: Mit Dackelblick gen' Himmel +++

Wie alle großen Arbeitgeber in Deutschland jedoch hat auch die evangelische Kirche Nachwuchssorgen. Als ich in den 80er-Jahren zu studieren anfing, war das noch anders. Wir waren zu viele. Nicht jeder von uns erhielt nach dem Studium einen Vikarsplatz und dann eine Pfarrstelle. Es gab Wartelisten und sogar arbeitslose Theologen. Das hat sich geändert. Die Zahlen der Studierenden sind deutlich zurückgegangen. Langsam steigen sie wieder an. Ganz so dramatisch wie in der katholischen Kirche ist es nicht. Aber in absehbarer Zukunft gehen viele ältere Pastoren in Pension. Wer soll ihnen nachfolgen? Man soll sich nicht täuschen lassen: Die evangelische Kirche ist immer noch sehr groß und lebendig. Damit dies so bleibt, muss sie mehr junge Menschen für sich gewinnen.

Die nordelbische Kirche hat dies erkannt und Pastorin Dr. Christiane de Vos beauftragt, in Hamburg Werbung für das Theologiestudium zu machen. Engagiert geht sie den ungewohnten Auftrag an: "Über Gemeindepastoren und engagierte Religionslehrer, auf Wochenendseminaren, aber auch über eine attraktive Website und nicht zuletzt über Facebook möchte ich jungen Leuten einen Eindruck davon vermitteln, wie reizvoll dieses Fach ist."

Die 25-jährige Hamburgerin Sabrina Heintzsch ist da schon weiter. Noch ohne Werbung ist sie zum Theologiestudium gekommen. Jetzt steht sie kurz vor dem Examen. Ursprünglich hatte sie mit Jura begonnen. "Aber das war mir zu weit weg von den Menschen." Durch die Jugendarbeit in St. Johannis-Harvestehude hatte sie einen eigenen Zugang zum christlichen Glauben gewonnen. Den wollte sie vertiefen. Sehr zufrieden berichtet sie: "Das Studium ist so vielseitig. Es verbindet Philosophie, Geschichte, Psychologie und Sprachen mit existenziellen Sinnfragen." Ihr gefällt auch, wie persönlich es zugeht: "Die Professoren kennen uns alle mit Namen." Über die üblichen Klischees kann sie nur lächeln. "Meine Kommilitonen entsprechen überhaupt nicht dem Vorurteil vom frömmelnden Öko-Typen. Sie sind sehr unterschiedliche Charaktere." Und was sie auch freut: "Wenn ich anderen erzähle, was ich studiere, erhalte ich immer positive Reaktionen, und schnell beginnt ein interessantes Gespräch. Das ist ja nicht bei jedem Studiengang der Fall." (Mehr Infos zum Studium gibt es bei Pastorin Dr. Christiane de Vos, Tel. 319 751 97, E-Mail: ch.devos@predigerseminar-rz.de oder unter: www.die-nachfolger.de )

Johann Hinrich Claussen ist Hauptpastor an der Hauptkirche St. Nikolai und Propst im Kirchenkreis Hamburg-Ost.