Susanne B. versteht ihre Schwiegertochter nicht und gibt ihr das auch sehr deutlich zu verstehen. Sie ist in großer Sorge um ihren Sohn, da sie spürt, wie sehr er seine Frau noch liebt und Angst hat, sie zu verlieren.

Meine Schwiegertochter kann einfach nicht alt werden oder besser gesagt, sie hat Angst vor dem Alter und wohl das Gefühl, etwas zu verpassen.

Große Sorgen mache ich mir um meinen Sohn. Er ist ein Familienmensch, liebt seine Familie. Er tut alles für sie.

Meine Schwiegertochter meint, mit 49 Jahren will sie jetzt nur noch ihr "Ding" machen - jetzt sehe sie noch gut aus, hätte noch Chancen für einen Neubeginn. Nach einer fast 20-jährigen Ehe mit einer 19-jährigen Tochter, Höhen und Tiefen wäre es doch eine Herausforderung, noch einmal etwas anderes zu machen.

"Jetzt lebe ich mein Leben, und das geht dich nichts an." (Originalton.) Mein Sohn, der sie immer noch liebt, leidet unter dieser egozentrischen und herzlosen Art sehr. Ich riet den beiden zu einer Paarberatung, doch meine Schwiegertochter lehnt es ab. Was meinen Sie, lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende?

Susanne B. (76)

Es antwortet Diplom-Psychologin Prof. Elisabeth Müller-Luckmann:

In einem hat die Schwiegertochter, wenn Sie das auch kaum hören mögen, leider recht: Man sollte sich in enge Beziehungen, die immer noch existent sind, nicht einmischen. Haben Sie einmal darüber nachgedacht, ob Sie nicht vielleicht Ihren Sohn an die eigene Kette gelegt haben und nun nicht loslassen können? Möglicherweise spielt auch Eifersucht in der von Ihrem Sohn liebevoll aufrechterhaltenen Beziehung eine Rolle. Sie dürften kaum die richtige Person sein, die hier eingreifen kann. Die beiden müssen schon sehen, selbst aus eigener Kraft miteinander zurechtzukommen. Sicher ist es hart für Sie zu sehen, wie ein so eng verbundener Mensch, Ihr Sohn, leidet. Aber Sie können ihm das nicht ersparen. Er sagt ja auch ganz deutlich, dass seine Gefühle für diese Frau noch lebendig sind. Woher das kommen mag, wird Gründe haben, über die man lediglich Vermutungen anstellen kann. Es fällt immerhin auf, dass sich diese Frau für ein Kind entschieden hat und dass sie also ihre natürliche Aufgabe nicht versäumt zu haben scheint, denn Sie üben ja keinerlei Kritik an dem mütterlichen Verhalten dieser ungeliebten Person.

Natürlich ist es hart mitzuerleben, wie sich jemand egoistisch selbst zu behaupten gedenkt. Sie sind mit Ihren Vorschlägen nicht erfolgreich gewesen. Ich fürchte, Sie müssen es dabei bewenden lassen. Nichts ist schwieriger, als die persönlichen Bindungen vermeintlich noch so enger Familienpartner auch nur annähernd objektiv zu beurteilen. Möglichweise stecken eigene, tief reichende unbewusste Ängste dahinter, aber wie gesagt, es ist Spekulation. Einen Egoisten, um den es sich möglicherweise bei Ihrer Schwiegertochter in ausgeprägter Form handelt, krempelt man nicht einfach um durch noch so angebrachte Vorschläge. So nachvollziehbar Ihre Sorgen sind, so wenig kann man sie durch ungebetene Ratschläge verändern. Es kann ja auch gut sein, dass Ihr Sohn dieser Frau tiefer zugeneigt ist, als Sie es sich wünschen können. Bauen Sie nicht so fest darauf, dass er eigentlich ein "Familienmensch" sei, das jagt möglicherweise diese Frau in eine Trotzhaltung, die ja keineswegs wünschenswert sein kann. Sich einzumischen ist immer eine äußerst prekäre Angelegenheit. Bei allem, was Sie auch immer vorbringen mögen, spielen zwar Hilfsbereitschaft, aber vielleicht auch ein Mangel an Gelassenheit eine Rolle. Wir denken so oft, dass wir besser als die Betroffenen selbst wissen, was ihnen gut tun könnte. Das ist sicher eine Fehleinschätzung.

Denken Sie einmal darüber nach, wie es mit der eigenen Eifersucht und Aversion bestellt ist. Sie haben zweifellos eine harte Abfuhr erlitten, aber vielleicht ist das letzte Wort in dieser Angelegenheit auch von Ihrer Schwiegertochter noch nicht gesprochen. Manches wird so dahingesagt ohne einen wirklich tragfähigen Hintergrund.

Sie können Ihrem Sohn kein einziges Problem dieser Art abnehmen. Das sollte ein gewisser Anhaltspunkt für alle Schritte sein, die Sie eigentlich unternehmen möchten. Also Vorsicht, bitte, und abwarten, wie die Dinge sich entwickeln.