Seit seinem Arztbesuch vor acht Jahren ist Joaquim Paiva von der Halswirbelsäule abwärts gelähmt. Jetzt wird die Haushypothek nicht mehr verlängert, die Zwangsversteigerung droht.

Als das Oberlandesgericht das Urteil zum Fall Paiva verkündete, saß Joaquim Paiva (52) in seinem Rollstuhl zu Hause bei Hamburg und wartete. Nur seine Frau und seine Schwiegermutter waren zum Gericht gefahren, obwohl ihnen ihr Anwalt abgeraten hatte. Es würde ja nur ein kurzer Verkündungstermin werden. Aber Sylvia Paiva (47) hielt das Warten nicht aus. Sie wollte dabei sein, wenn der Richter über die Zukunft der Familie entscheidet. Später rief sie ihren Mann an. "Wir haben verloren, Jimmy", sagte sie ihm und weinte. "Ich komme jetzt nach Hause." Ihr Mann versuchte die Fassung zu bewahren. "Es ist nicht alles verloren", antwortete er. "Ich habe immer noch Hoffnung." Drei Tage später erhielten die Paivas per Post das schriftliche Urteil. "Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts wird zurückgewiesen", heißt es darin. Zu diesem Zeitpunkt waren Joaquim und Sylvia Paiva schon fest entschlossen, weiter vor den Bundesgerichtshof zu ziehen. Auch wenn das weitere Jahre in Anspruch nehmen wird.

Der Grund, warum die Paivas den Instanzenzug ausschöpfen wollen, liegt acht Jahre zurück. Damals schlug das Schicksal bei Joaquim Paiva, Vater zweier Kinder, erbarmungslos zu. Ein vermeintlich harmloser Arztbesuch wegen chronischer Rückenschmerzen endete für den damals erst 44-Jährigen im Rollstuhl. Der Hamburger Arzt gab Joaquim Paiva eine Spritze neben die Halswirbel und löste dabei einen sogenannten Rückenmarkinfarkt aus (das Abendblatt berichtete).

Seitdem ist Joaquim Paiva von der Halswirbelsäule abwärts gelähmt. Er kann nur den Kopf bewegen und die Arme wenige Zentimeter anheben. Sein Leben ist in keiner Sekunde mehr unbeschwert. Er kann nicht einmal mehr alleine essen - ist immer auf Hilfe angewiesen.

Joaquim Paiva klagt gegen den Arzt auf Schmerzensgeld und Schadenersatz, weil er ihn nicht über das Risiko einer Lähmung aufgeklärt hat. Sogar ein vom Gericht bestellter Sachverständiger hat in einem Gutachten dargelegt, dass bei wirbelsäulennahen Eingriffen stets über das Lähmungsrisiko aufgeklärt werden müsse. Trotzdem schmetterten Land- und Oberlandesgericht die Klage ab.

Familie Paiva hatte gehofft, vor Gericht zu gewinnen, um die Schulden zu tilgen, vor denen sie wegen der Querschnittlähmung von Joaquim Paiva inzwischen steht. Im Jahr 2001 - Joaquim Paiva war damals als Maschinenbauer bei Hauni tätig - lieh er sich bei einer Bank Geld, um für seine Familie das Haus bei Hamburg zu bauen. Fünf Monate nach dem Einzug besuchte er die Praxis von Dr. T. - und wurde von einem Moment auf den anderen erwerbsunfähig. Seitdem decken seine Rente und die Einnahmen aus dem Halbtagsjob seiner Frau gerade die Alltagskosten und die Zinsen des Darlehens. Die Familie musste das Haus zudem behindertengerecht umbauen lassen und erhielt dafür vom Integrationsamt ein zinsloses Darlehen. Aus eigenen Mitteln kann die Familie die Gelder weder der Bank noch dem Integrationsamt zurückzahlen. Die Bank hat den Vertrag zum Ende des Jahres gekündigt. Dann droht den Paivas die Zwangsversteigerung ihres Hauses. "Vielleicht geschieht ja noch ein Wunder", hofft Joaquim Paiva.

"Ich möchte Herrn Paiva helfen, wenigstens das Zuhause für ihn zu retten", meldete sich unser Leser Lothar Bellmann in der Redaktion. Der 67-Jährige kennt die Not und die Ängste aus eigener Betroffenheit nach einem schweren Autounfall und seiner anschließenden Odyssee. Er hat die Familie Paiva besucht, erlebt, was das umgebaute Heim für Joaquim Paiva bedeutet. Die Hypothek aber wird nicht verlängert. "Vielleicht schaffen wir es gemeinsam, ihm das Heim zu erhalten." Jede Spende hilft: Konto "Von Mensch zu Mensch", Haspa 1280/202 001, BLZ 200 505 50.