Bei dem Hamburger Verein können Menschen mit Behinderungen einen Partner fürs Leben finden

"Ich mag Evelyn, weil wir uns so gut verstehen", strahlt Thorsten und wird ein bisschen rot. Zum Dank für die Liebeserklärung streichelt Evelyn zärtlich seinen Arm und gibt ihm einen Kuss auf die Wange.

Seit knapp einem Jahr sind die beiden bereits ein Paar.

"Jeden Dienstag und am Wochenende sehen wir uns und unternehmen zusammen ganz viel", erzählt Thorsten eifrig weiter. "Im Juni wollen wir sogar einen Ausflug nach Dresden machen."

Bei diesen Worten muss Bernd Zemella unwillkürlich lächeln. Dass Thorsten und Evelyn zueinandergefunden haben, ist nämlich in erster Linie der Verdienst des 65-Jährigen und seiner "Schatzkiste" in Hamburg.

Bereits seit 14 Jahren gibt es diese kostenlose und spendenfinanzierte Partnervermittlung für Menschen mit Behinderung unter dem Dach der Evangelischen Stiftung Alsterdorf. Zwei bis drei Tage pro Woche arbeitet der Diplom-Psychologe an seinem Projekt, und das, obwohl er eigentlich schon längst den verdienten Ruhestand genießen könnte.

"Eine Kollegin aus einer Werkstatt erzählte mir damals, dass zu ihr immer wieder Klienten auf der Suche nach einem Partner kämen", erinnert sich der Gründer. "Das gab mir den entscheidenden Anstoß, die Schatzkiste zu gründen."

Heute umfasst seine Kartei mehr als 700 Singles mit Behinderung aus dem gesamten Hamburger Stadtgebiet, und jede Woche kommen mindestens zwei neue Suchende hinzu.

Kostenlos können sie ein umfangreiches Profil in der gesicherten Schatzkisten-Datenbank ausfüllen und gegen eine geringe symbolische Gebühr sogar eine Videobotschaft aufnehmen.

"Auf Wunsch suchen wir zusammen auch gleich noch nach möglichen Partnern. Diese bekommen dann einen Brief mit Bild. Wenn beide Suchenden einverstanden sind, steht dem ersten Date in den Räumlichkeiten der Schatzkiste nichts mehr im Wege", erklärt der Psychologe den Ablauf.

Anders als bei Dating-Seiten im Internet ist die Partnersuche in der Schatzkiste keine automatische Angelegenheit, sondern beruht auf der erfahrenen Einschätzung von Bernd Zemella. Für sein glückliches Händchen in Sachen Liebe sprechen dabei ganz klar die Zahlen. "Vier Ehen und über 100 langfristige Partnerschaften wurden über die Schatzkiste vermittelt, außerdem haben hier weit mehr als 1000 erste Dates schon stattgefunden", schätzt der 65-Jährige nicht ohne Stolz.

Ob eine Partnerschaft langfristig hält oder schnell im Sande verläuft, hat dabei leider nicht nur mit Liebe und Zuneigung zu tun, wie das Beispiel von Andre und Monica zeigt. Die beiden waren aufgrund ihrer starken Sprachbehinderung fast schon hoffnungslose Fälle in der Kartei, bis sie einander trafen. "Kaum jemand hat Andre und Monica verstanden, nur untereinander lief es blendend", erinnert sich Zemella etwas wehmütig. "Letztendlich scheiterte die Beziehung an der Distanz und dem logistischen Aufwand. Für ein Treffen der beiden musste zum Beispiel immer eine Begleitung organisiert werden."

Eine Partnerschaft zwischen zwei Menschen mit Behinderung ist deshalb zu einem hohen Maß auf das Engagement der Betreuer in den Wohngruppen und der Eltern angewiesen. Zum Beispiel sind Fahrdienste nötig, damit sich die Partner regelmäßig sehen können, und auch das Zusammenziehen ist gerade für Paare mit schweren Behinderungen kaum möglich. Um zusätzlich noch hier aktiv zu werden, fehlt der Schatzkiste selbst allerdings die Manpower.

"Eigentlich bräuchte ich zur Unterstützung bei der ganzen Arbeit mehrere Kollegen in Vollzeit. Ich würde mir zum Beispiel auch noch mehr Beratungsmöglichkeiten für die Paare bei Fragen rund um Liebe und Sexualität wünschen. Doch leider sind dafür keine Mittel vorhanden. Selbst das Tagesgeschäft können wir nur durch Spenden und die tatkräftige Mithilfe von Ehrenamtlichen und Praktikanten bewältigen."

Schatzkiste Hamburg, Elisabeth-Flügge-Str. 1a, 22337 Hamburg, Kontakt: Tel. 040/507735 42 (bitte auch den Anrufbeantworter benutzen), E-Mail: b.zemella@alsterdorf.de , Di. und Do. 11-16 Uhr Offene Schwatzkiste: Di. für jedermann, Stöberkiste: Do. für Singles. Spenden erbeten an Schatzkiste e. V. Konto 903 15 02, Hamburger Volksbank, BLZ 201 900 03