Ein Plädoyer für mehr Großherzigkeit und Lebensqualität von Professor Dr. Uwe Böschemeyer

Es gehört zu den großen Rätseln menschlichen Lebens, dass "zwei Seelen, ach, in meiner Brust wohnen" (Goethe). Die eine will Frieden, die andere Störung, wenn nicht Zerstörung. Davon sprechen die Märchen, die bekanntlich Erfahrungen unserer Seele widerspiegeln. Davon sprechen die Träume und die bewussten "Wanderungen" ins Unbewusste. Davon sprach auch kein Geringerer als der alternde Sigmund Freud, der in seinem berühmten Buch "Das Unbehagen in der Kultur" von den beiden Giganten des Lebens sprach, dem Lebenstrieb und dem Todestrieb. Davon spricht vor allem das reale Leben.

Was da einerseits draußen in der Welt geschieht und ebenso in der Welt da drinnen, in unseren Seelen - ist oft genug frei von jeder Vernunft, grenzt oft genug an Wahnsinn, ist manchmal Wahnsinn. Doch was da andererseits geschieht an gelebter Liebes- und Friedensfähigkeit, ist nicht weniger erstaunlich. Für unser Thema ist nun von besonderer Bedeutung, dass sowohl die Liebe als auch der Hass unteilbare Gefühle sind. Was heißt das?

Wenn ich auf Dauer gegen einen Menschen Groll hege, gegen ihn wüte oder ihn hasse, fühlt nicht nur der andere meine Aggression, sondern ich selbst auch. Wenn auf Dauer Groll, Wut, Hass, also Ablehnung und Aggressivität meine Seele besetzt, gefangen hält, ausfüllt, dann schädige ich nicht nur den anderen, dann schädige ich auch mich selbst. Dann verspannt sich meine eigene Seele, dann wird sie grau, weil sie nur noch um das "Objekt" ihrer Ablehnung kreist. Dann verliert sie die Freude am Leben, dann kommt ihr die Zuversicht abhanden, dann vermindert sich das Sinngefühl, dann leidet das Immunsystem, dann wird die Seele immer mehr vergiftet, dann leidet der ganze Organismus, dann kann es zu psychosomatischen Störungen kommen, dann leidet der ganze Mensch.

Wenn ich mich dagegen mit einem Menschen versöhne, ihm wieder mein Wohlwollen schenke, ihn achte, respektiere, ihm freundlich bin, dann erfahre ich selbst wieder Achtung und Selbstachtung, dann respektiere ich mich selbst, dann spüre ich, wie sich Freundlichkeit in mir selbst ausbreitet, dann fällt es mir leicht, mich und das Leben gut zu finden.

Dass wir die Möglichkeit haben, nicht nur für uns, sondern auch gegen uns selbst, gegen andere und das Leben überhaupt zu sein, durchzieht alle Gesellschaftskreise, betrifft die Jungen wie die Alten, die Gebildeten wie die weniger Gebildeten. Sie ist ein menschliches Phänomen schlechthin.

Ist das unser Schicksal, dass wir oft genug das Gute wollen, doch das andere tun? Ist das ein Lebensgesetz? Müssen wir so bleiben? Ja und nein, aber auch nein! Dass Versöhnung möglich ist, viel mehr als bisher, dass Menschen ihre Seelen zerschneidenden aggressiven Gefühle sich selbst und anderen gegenüber überwinden können, wird der Vortrag so konkret wie möglich zeigen.

Prof. Dr. Uwe Böschemeyer spricht am 16. Mai um 19 Uhr im Gemeindehaus von St. Michaelis (Krayenkamp 4). Karten: 10 Euro, ab Mo 04131/40 38 44 und an der Abendkasse von 18 Uhr an. Prof. Dr. Uwe Böschemeyer, Psychotherapeut. Leiter des Hamburger Instituts für Logotherapie und Rektor der Europäischen Akademie für Wertorientierte Persönlichkeitsbildung Salzburg