Im Rahmen der erfolgreichen Reihe “Schule des Lebens“ wird Dr. Uwe Böschemeyer am 9. Juni referieren und im Anschluss Fragen beantworten.

"Wenn ein Mensch die Welt als einen sinnvollen Kosmos versteht, dann gibt es für ihn zwar Anlässe zu Furcht, doch bestimmt die Angst nicht sein ganzes Leben", sagt der Psychotherapeut Dr. Uwe Böschemeyer. Der Leiter des Hamburger Instituts für Logotherapie und Rektor der Europäischen Akademie für Wertorientierte Persönlichkeitsentwicklung führt aus: "Zerbricht dieses Weltbild - und das geschah in der Neuzeit im 19. Jahrhundert, als vielen Menschen die Sicherheit des damaligen Weltbildes verloren ging -, fühlt sich der Mensch auf sich selbst gestellt. Dann muss er den Sinn für sein Leben selbst herstellen. Dann wird die Angst vor dem Leben, so der Philosoph Martin Heidegger, zur Grundbefindlichkeit des Daseins. Doch von welcher Weltanschauung auch immer ein Mensch ausgeht - Angst gehört zum Leben, auch wenn sie unterschiedlich erlebt wird.

Zweifellos", so Dr. Böschemeyer, "hat sich die Angst seit dem Fall der New Yorker Türme verstärkt. Es scheint allerdings, als habe sie sich schon lange vor diesem grausamen Ereignis ausgeweitet: Drogen, Aids, Verbrechen, Kindesmisshandlungen, Fremdenmisshandlungen, Organhandel, Umweltverschmutzung, Innenweltverschmutzung, atomare Bedrohung, Kriege - diese und andere Begriffe und deren schreckliche Inhalte lesen, hören, erfahren, erleiden wir seit Jahrzehnten. Die Seelen der Kinder wissen das. Die Seelen der Erwachsenen wissen das. Die Seelen der Verantwortlichen wissen das. Die Seelen der Verantwortungslosen wissen das vermutlich auch. Druck zieht durch die Länder. Angst zieht durch die Länder, auch deshalb, weil sie mehr noch als bisher zusammengerückt sind. Es ist deshalb an der Zeit, viel intensiver als bisher danach zu fragen, wie der Mut zum Sein (wieder-) zu gewinnen sei. Dazu muss man wissen, dass die Bedrohung aus zwei Richtungen kommt: Sie äußert sich als Angst vor der sichtbaren Welt, z. B. vor Katastrophen, vor der Unübersehbarkeit einer Lebenssituation, vor dem Verlust der wirtschaftlichen Basis, vor der Zerstörung der Natur, vor Krieg und Tod, der Überlegenheit anderer Menschen. Und sie äußert sich als Angst vor der inneren Welt, also vor sich selbst, z. B. vor Erinnerungen, Ahnungen, verdrängten Wünschen, Wut, vor dem Gewissen, dem Verlust der Hoffnung, vor Sinnlosigkeit, davor, keinen Halt zu finden, Gott nicht zu genügen, vor Krankheit. Die Angst hat viele Auslöser. Doch hat sie vielleicht nur einen Grund. Meiner Auffassung nach ist die Hauptquelle der Angst der Verlust der Dimension der seelisch-geistigen Tiefe und damit die fortschreitende Entfremdung des Menschen von seiner inneren Welt und den damit verbundenen Gefühlskräften. Damit entfremdet er sich von der Quelle für Wert und Sinn, für Freiheit und Liebe, für den Mut zum Sein, für den Zugang zur Transzendenz. So verliert er den Halt. Es verbreitert sich die Kluft zwischen Denken und Fühlen, Kopf und Herz. Dann gewinnt die destruktive Aggressivität die Oberhand. Nichts aber macht mehr Angst als diese innere Macht, weil sie letztlich ins Nichts führt. Nicht die Analyse der Lebensangst, auch nicht die Klage darüber stehen im Mittelpunkt des Vortrages, sondern zehn konkrete Hilfen, die zu ihrer Überwindung beitragen können. Denn obwohl die Angst zum Leben gehört, muss sie keineswegs die lebensbestimmende Gefühlskraft bleiben, weil es Wichtigeres und Stärkeres gibt als sie."

Vortrag: 9. Juni, 19 Uhr, Gemeindehaus von St. Michaelis. Eintritt 10 Euro, Karten ab Mo, 31. 5. ab 9 Uhr unter Tel. 04131/40 38 44, Abendkasse ab 18 Uhr