Im aktuellen Schuljahr haben sich allein in Hamburg 17 Junior-Firmen gegründet, zwei davon am Matthias-Claudius-Gymnasium.

Wandsbek. Der erste Gang an die Öffentlichkeit ging schief. Die Jungunternehmer aus Wandsbek hatten zwar ihre Produkte zum Pressetermin mitgebracht - die Stofftaschen waren aber so verknittert, dass selbst der beste Fotograf sie nicht hätte ansprechend ins Bild setzen können.

Schulleiterin Rotraud Nesemeyer rettete den Auftritt, lieh sich beim Hausmeister kurzerhand ein Bügeleisen aus und wies Nick Oelrichs, Vorstandschef der Firma Bracelet & Bag, Geschäftsführer Linus Günther und Marketing-Chefin Kristi Bajrami in die Kunst des Plättens ein. Dann konnte die Präsentation doch noch beginnen. Und als Models machten sich die drei Elftklässler auf Anhieb gut.

Bracelet & Bag heißt das Schülerunternehmen, das 13 Oberstufenschüler des Matthias-Claudius-Gymnasiums (Wandsbek) im Herbst vergangenen Jahres gegründet haben. Sie nehmen damit am Junior-Projekt des Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln teil. Es bietet Oberstufenschülern die Möglichkeit, eine eigene Geschäftsidee zu entwickeln und eine Firma zu führen. In den vergangenen Jahren haben bundesweit 53.630 Schüler in 3932 Junior-Unternehmen auf diesem Weg Wirtschaft erlebt. Im aktuellen Schuljahr haben sich allein in Hamburg 17 Junior-Firmen gegründet.

Am Marion-Dönhoff-Gymnasium in Blankenese betreiben 13 Schüler die Firma ZapUp und verkaufen selbst entworfene Aufkleber zur Verschönerung von Schulutensilien. Am Matthias-Claudius-Gymnasien hat neben Bracelet & Bag sogar noch ein zweites Unternehmen aufgemacht: Die Mitarbeiter der Dienstleistungsfirma Telefönchen zeigen Senioren, wie sie richtig mit Mobiltelefonen umgehen.

Bracelet & Bag produziert handgemachte Armbänder und individuell bedruckte Stoffbeutel. Das Unternehmen ist professionell aufgebaut. Der Vorstand wurde von den Mitarbeitern gewählt. Daneben gibt es die Abteilungen Produktion, Verwaltung und Finanzen. Die Schüler verkaufen ihre Produkte in der Schule, auf Märkten oder auch zuweilen bei HSV- oder St.-Pauli-Spielen vor den Stadien. "Gerade haben wir zudem einen Großauftrag von der Feuerwehr erhalten", sagt Marketing-Chefin Kristi Bajrami. "200 Taschen sollen wir mit dem Feuerwehr-Logo bedrucken." Beworben und verkauft werden die Produkte - die Tasche kostet fünf, das Armband zwei Euro - über die Facebook-Fanseite der Schülerfirma.

Die Gymnasiasten lernen, was es bedeutet, ein Unternehmen zu gründen und zu führen. Das Grundkapital in Höhe von 900 Euro stammt aus dem Verkauf von Wertpapieren. Jede "Aktie" kostet zehn Euro. Die Inhaber eines solchen Scheins werden zweimal im Geschäftsjahr zur Aktionärs-Hauptversammlung eingeladen. Es müssen übrigens auch Löhne gezahlt werden. Das Bracelet-&-Bag-Team hat sich auf gleiches Geld für alle geeinigt. Die Arbeitsstunde wird, unabhängig von der Position, mit 50 Cent vergütet. Die Firma muss Steuern abführen und Versicherungsbeiträge bezahlen.

Das Projekt ist zeitlich auf ein Schuljahr begrenzt, wobei den Schülern die Option, die Firma nach Projektabschluss im realen Leben weiterzuführen, offensteht. "Ich kann mir vorstellen, dass es weitergeht", sagt Chef Nick Oelrichs. "Allerdings müsste ich dann die meisten Leute entlassen. Mit so vielen Angestellten lässt sich leider nicht wirtschaftlich arbeiten."

Zunächst müssen die Chefs aber ein paar aktuelle Probleme in den Griff bekommen. Ein paar Produktions- und Verkaufsmitarbeiter maulen. "Sie beschweren sich, dass sie im Vergleich zur Führungsebene zu viel arbeiten", sagt Nick Oelrichs. "Da helfen Mitarbeitergespräche und eine neue Arbeitsverteilung", sagt Linus Günther.

Die 17 Hamburger Junior-Unternehmen stehen übrigens auch in Konkurrenz zueinander. Am 20. April bewertet eine Junior-Projektjury die Ideen und Auftritte der verschiedenen Schülerfirmen und kürt den Landessieger. Die Siegerfirma zieht dann ins Bundesfinale in Berlin ein. In Hamburg machte 2010 die Eventagentur Die Lautsprecher, gegründet von Schülern des Gymnasiums Klosterschule, das Rennen. Den Bundeswettbewerb gewann im vergangenen Jahr die Energieberatungsagentur EnerXchange aus dem baden-württembergischen Ostfildern.