Politiker stellen sich an der Otto-Hahn-Schule den angehenden Abiturienten

Jenfeld. Die Abiturientinnen Sevra und Karina wollen wissen, warum Hamburgs Politiker nicht mit Schülern gesprochen haben, bevor sie die Oberstufe reformiert und Profile eingeführt haben. "Uns hat niemand gefragt, aber wir müssen jetzt mit den Mängeln klarkommen", sagen die Otto-Hahn-Schülerinnen. So sei es praktisch gar nicht möglich, die Schule zu wechseln, wenn man ein Profil belegen möchte, das die eigene Schule nicht anbietet.

Egbert von Frankenberg wagt sich als Erster auf dem Podium an die Antwort: "Es ist normal, dass es nicht sofort glattläuft, wenn etwas neu eingeführt wird", sagt das CDU-Bürgerschaftsmitglied. "Wir beobachten die ersten Jahrgänge. Dann werden wir Stärken und Schwächen der Profiloberstufe analysieren und gegebenenfalls etwas ändern." Die anderen Politiker auf der Bühne - das sind Anjes Tjarks (GAL), Jan Balcke (SPD), Vasco Schultz (Linke) und Robert Bläsing (FDP) - haben auch keine befriedigenden Antworten parat. "Sie testen die Profiloberstufe also an uns", resümiert Sevra sachlich.

Junge Menschen für Politik zu interessieren ist kein leichtes Geschäft. In Hamburg eröffnet der geplatzte schwarz-grüne Senat und die kurzfristig angesetzten Neuwahlen Schulen derzeit großartige Chancen, Politik anschaulich und lebensnah zu vermitteln. In der Otto-Hahn-Stadtteilschule in Jenfeld stellten sich jetzt Vertreter der in der Bezirksversammlung Wandsbek vertreten Parteien mit einer Podiumsdiskussion einem Schülerpublikum - allesamt Erstwähler.

Neben Schulpolitik steht das Thema Uni oben auf der Liste der jungen Leute. Wie geht es mit den Studiengebühren weiter? Hier punkten die Männer von SPD, GAL und Linke. Die sind nämlich dagegen. "Die Beibehaltung hätte fatale Folgen", sagt Bürgerschaftsmitglied Jan Balcke, im nicht polititschen Leben Ausbildungsleiter bei Airbus. "Der wertvollste Rohstoff, den unser Land besitzt, steckt in euren Köpfen. Deutschland gehen die Ingenieure aus. Da müssen wir gegensteuern. Die Studiengebühren werden nach dem 20. Februar abgeschafft", sagt Balcke wahlsiegessicher. Die Schüler applaudieren.

Stichwort Umwelthauptstadt Hamburg: Wie halten es die Herren mit der Umwelt? FDP-Politiker Bläsing fährt Bus und Bahn, trennt den Müll. Schultz von der Linken setzt als Ökostromkunde eins drauf. Von Frankenberg will nicht aufs Auto verzichten, spart aber daheim Strom. Anjes Tjarks, stellvertretender Landesvorsitzender der Grünen, verzichtet aufs Auto, hat sich einen Elektroroller zugelegt. Nur Balcke tanzt aus der politisch korrekten Reihe: "Ich fahre Auto, kaufe Pizza im Pappkarton und chinesische Nudelpfanne in der Alu-Schale". Lockere Sprüche kommen an. "Der ist ehrlich", flüstert ein Schüler in der zweiten Reihe dem Nachbarn zu.

Am Ende betreten die Schüler bundespolitisches Parkett: Wie stehen die Lokalpolitiker zur Atomkraft? Für Robert Bläsing ist es mangels Alternative eine "notwendige Brückentechnologie". Auch für Egbert von Frankenberg. Der Grüne, der Linke und der Sozialdemokrat denken anders. "Im letzten Sommer waren sieben von 17 Atomanlagen abgeschaltet", sagt Tjarks. Nirgendwo in Deutschland sei das Licht ausgegangen. Die meisten Schüler nicken wissend. "Wir haben eine Chance, die Atomkraftwerke auszuschalten", sagt Balcke. "Wir können auf Länderebene Druck machen. Ihr wählt den Senat. Ihr habt es in der Hand."

Herbert Niedenzu ist zufrieden mit seinen Schülern. "Sie hätten aber konkreter die im Unterricht vorbereiteten lokalen Themen ansprechen können", meint der Oberstufenleiter. "Viele haben sich leider nicht zu fragen getraut."

Auf dem Podium schütteln sich die Politiker die Hände, da verkündet Schulleiterin Renate Wiegandt unterrichtsfrei für die siebte Stunde. Jetzt tönen die lauten Jubelrufe durch die Halle. Die Schüler klatschen begeistert in die Hände. So einfach ist das. Kandidierte Frau Wiegandt für die Bürgerschaft, hätte sie jetzt die Stimmen von 250 Jungwählern sicher ...