Unternehmer ohne Grenzen erzählen Schülern ihre persönlichen Erfolgsgeschichten und geben wichtige Tipps zur richtigen Berufswahl.

Eimsbüttel. Eben noch haben die Zehntklässler Stühle gerückt, gelacht und gelärmt. Jetzt sind sie mucksmäuschenstill. Gebannt hören sie zu, als Nebahat Uzun erzählt, wie sie aus der Türkei nach Deutschland kam, um hier im Alter von 15 Jahren verheiratet zu werden. Wie sie ein knappes Jahr später ihren Sohn zur Welt bringt, gegen alle Widerstände Deutsch lernt und als 30-Jährige eine Ausbildung zur Frisörin macht; sich dann für die Universität qualifiziert, Soziologie studiert, und sich - weil sie mittlerweile geschieden ist - während des Studiums mit Haareschneiden und journalistischen Tätigkeiten finanziell über Wasser hält.

Seit zwei Jahren ist Nebahat Uzun, 40, Chefredakteurin der türkischen Regionalausgaben von "Post" und "Türkiye". Heute ist sie auf Initiative des Vereins Unternehmer ohne Grenzen an die Ida-Ehre-Gesamtschule gekommen - gemeinsam mit anderen Firmeninhabern, die fast alle Migrationshintergrund haben. Sie alle wollen die Jugendlichen motivieren, indem sie ihnen ihre ganz persönlichen Erfolgsgeschichten erzählen, ihnen Tipps bei der Berufswahl geben und ihnen die Möglichkeit geben, Praktikums- und Ausbildungsplätze kennenzulernen.

Seit 2007 läuft die Aktion an der Eimsbüttler Stadtteilschule. Initiiert wurde sie von Elternratsmitglied Hasan Erkan, 52, der den Verein Unternehmer ohne Grenzen im Jahr 2000 als Austauschplattform gegründet hatte. "Wir verstehen uns als Sprachrohr für Migranten in den Bereichen Existenzgründung und -sicherung, Qualifizierung und Bildung", sagt der Sozialökonom. Mit dem Beratungsangebot "Eltern Aktiv" richte man sich gezielt an Eltern mit Migrationshintergrund. "Wir informieren sie über das deutsche Bildungs- und Ausbildungssystem und unterstützen sie dabei, ihre Rolle bei der Berufswahl ihrer Kinder ernst zu nehmen", sagt Erkan. Ein Teil des Beratungsangebots richtet sich auch an Schulen: mit Projektwochen zum Thema Selbstständigkeit und Existenzgründung oder mit Veranstaltungen wie der heute an der Ida-Ehre-Gesamtschule.

"Ich wollte schon immer studieren, aber meine Familie war dagegen", sagt Nebahat Uzun. "Doch im Alter von 21 Jahren merkte ich: Ich muss einen Beruf erlernen, sonst fühle ich mich nicht sicher." Es war ein langer Weg. Die Deutschkurse besuchte sie heimlich, viele Jahre lang, begann dann die Frisörausbildung, die sie als 34-Jährige abschloss. Dann machte sie sich selbstständig - obwohl ihr der Beruf keinen Spaß machte - und absolvierte erfolgreich ihre Meisterprüfung. "Das war meine einzige Chance", erzählt Nebahat Uzun den Schülern, "denn in Bremen hat man mit dem Meisterbrief automatisch Zugang zur Universität." Nachdem sie anschließend eine Ausbildung zur Fachzeitschrift-Redakteurin gemacht und in den Redaktionen von "Post" und "Türkiye" gearbeitet hatte, wurde sie dort 2008 Chefredakteurin. "Ich habe immer noch Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache", schließt sie ihren Bericht ab. "Es ist nicht möglich, alles perfekt zu machen. Aber man muss motiviert sein und sich durchkämpfen. Das habe ich gemacht, weil ich meinem Sohn ein gutes Vorbild sein wollte."

Die Schüler applaudieren. Und Olga, 15, bringt auf den Punkt, was die meisten ihrer Klassenkameraden fühlen - fast alle haben Migrationshintergrund. "Ich weiß jetzt, dass ich eine Chance habe", sagt sie ernst. "Das gibt mir einen Ruck und macht mich stark."