Schulsenator Wersich (CDU) will die von der GAL geplante Abschaffung der Rechtschreib-Tests stoppen. Diktate sollten erhalten bleiben.

Hamburg. Der Mann nimmt die Herausforderung sportlich. "Man wächst an seinen Grenzen", sagt Dietrich Wersich (CDU), Senator für Soziales, Gesundheit und Verbraucherschutz und seit einer Woche auch noch für Schule und Berufsbildung zuständig.

Wersich, der bei den Rathauskickern Fußball spielt und bei den Cyclassics seine sportlichen Grenzen auslotet, ist damit verantwortlich für die beiden größten Einzeletats im Landeshaushalt. Und mit der Schulbehörde führt Wersich zudem auch den größten "Personalkörper" der öffentlichen Verwaltung mit rund 16 000 Mitarbeitern.

Zwar rühmt der CDU-Politiker die gute Zusammenarbeit "seiner" Sozial- mit der Schulbehörde in der schwarz-grünen Zeit und die mit Ex-Schulsenatorin Christa Goetsch (GAL) im Besonderen, aber es ist eben Wahlkampf und viel Zeit bleibt der Union bis zum Neuwahltermin 20. Februar nicht. "Ich möchte die Behörde auf Kurs bringen und Ballast, zum Teil auch ideologischen, abwerfen", sagt Wersich im Gespräch mit dem Abendblatt.

Was er unter Ballast versteht, wird schnell deutlich. "Ich bin dafür, dass auch in Zukunft an der Grundschule Diktate geschrieben werden und in die Notengebung einfließen", sagt Wersich. Lesen und Schreiben zählten zu den unverzichtbaren Grundfertigkeiten. Seine GAL-Vorgängerin hatte die bei Schülern eher unbeliebten Rechtschreibtests herkömmlicher Art zur Leistungsbemessung abschaffen wollen. Neue Formen der Leistungskontrolle, die etwa das Hörverständnis einbeziehen, sollten die Diktate ersetzen.

Wersich zieht sein eigenes Lernbeispiel heran. "Als ich in der siebten Klasse auf das Johanneum kam, kassierte ich für meinen ersten Aufsatz eine Sechs, obwohl ich gut in Deutsch war", sagt der Schulsenator. Der Grund für die miese Note war der "kreative Umgang" des Schülers Wersich mit der Groß- und Kleinschreibung. Mit anderen Worten: "Diktate in der Grundschule sind richtig und wichtig."

Und noch eine Korrektur will Wersich schnell vornehmen. "Ich bin dafür, dass es weiterhin eine Empfehlung der Grundschule für die weiterführende Schule gibt", so der Senator. "Als Arzt stelle ich ja auch nicht nur Vor- und Nachteile einer Behandlung dar, sondern mache einen Vorschlag."

Goetsch hatte angekündigt, auf den Zettel mit dem Hinweis "Empfehlung für das Gymnasium" oder eben nicht zum Halbjahr der vierten Klasse vom nächsten Schuljahr an verzichten zu wollen. An die Stelle sollen umfassende Beratungsgespräche mit den Eltern treten, die eine Empfehlung enthalten soll, ob das Kind voraussichtlich Abitur machen kann. Der höchste Bildungsabschluss ist aber in Zukunft auf dem Gymnasium wie auch der Stadtteilschule möglich, insofern entfällt die Trennung nach Schulformen.

Beim Thema Gastschulabkommen mit Schleswig-Holstein hofft Wersich noch auf eine Einigung mit dem nördlichen Nachbarn. Ein erstes Gespräch mit dem Kieler Kultusminister Ekkehard Klug (FDP) am vergangenen Freitag sei positiv verlaufen. "Wir brauchen ab Januar eine verlässliche Regelung. Schulen und Eltern müssen wissen, woran sie sind", sagt Wersich. Allerdings: Die Zeit ist knapp, und der Streit zwischen den Nachbarn über die Finanzierung der Gastschüler aus dem Umland in Hamburg zieht sich schon über Jahre hin. Wersich: "Ich tue mein Bestes, aber zaubern kann ich nicht."

Bei den Schulversuchen zum längeren gemeinsamen Lernen, die sieben Schulen beantragt haben, legt sich der neue Schulsenator noch nicht fest. "Es wird keine Primarschule durch die Hintertür geben und kein flächendeckendes Angebot", sagt Wersich. Allenfalls eine Erprobung unter wissenschaftlicher Begleitung in Einzelfällen sei vorstellbar. "Das werden wir ebenso wie die Anträge auf Schulfusionen zügig entscheiden", sagt der CDU-Politiker.