Fünf Pilotschulen testen das Betreuungsangebot. Im kommenden Jahr kann es in ganz Hamburg gelten

Hamburg. Im Mai vergangenen Jahres wurde sie groß angekündigt, nach Protesten ein halbes Jahr später auf Eis gelegt, jetzt kommt sie doch: die Hortreform - und damit die kostenlose Betreuung von 8 bis 16 Uhr für alle Schulkinder bis zur sechsten Klasse. Und das nicht in den Horten, sondern an den Schulen, die dafür mit den Kita-Trägern zusammenarbeiten sollen. Ab sofort können sich alle Schulen für das Konzept, das eigentlich für die Primarschulen entwickelt wurde, bewerben und die "verlässliche Betreuung" schon ab kommendem Schuljahr anbieten.

"Mehr als 80 Schulen wollen bereits mitmachen", sagt Brigitte Köhnlein, Sprecherin der Schulbehörde. "Auch bei den Eltern stößt die Idee auf großen Anklang." Eine wichtige Voraussetzung, denn um den Antrag zu stellen, braucht die Schule den entsprechenden Beschluss der Schulkonferenz. Zudem wird ein Hortträger als Partner benötigt, darüber hinaus muss die Schule ein Mittagessen anbieten können. Sind diese drei Punkte gewährleistet, werde der Standort geprüft, so Köhnlein.

An fünf Schulen wird das Prinzip "Gabi" (ganztägiges Bildungs- und Betreuungsangebot) bereits seit Ende der Sommerferien getestet. Diese sind Hasenweg, Arp-Schnitger-Stieg, Thadenstraße, Möllner Landstraße und Lutterothstraße. Frauke Carstensen, Schulleiterin an der Lutterothstraße, zieht nach den ersten Wochen ein positives Fazit: "Im Großen und Ganzen klappt es gut", sagte sie. 150 Kinder bleiben mindestens drei Tage die Woche bis 16 Uhr, ein kleiner Teil auch noch länger. Bis 13 Uhr sind die Lehrer da, von da an übernehmen sechs Betreuer des benachbarten Horts Stapellauf e.V., die von sechs Honorarkräften unterstützt werden.

Allerdings bedeutet Pilotphase auch, dass noch nicht alles perfekt eingerichtet ist: Zurzeit werden die Klassenräume umgebaut, um Freiflächen zum Spielen zu schaffen. Es gibt neue Schreibtische mit Rollen, damit nach den Hausaufgaben schnell Platz geschaffen werden kann. Ein Raum, in dem auch gegessen werden soll, ist im Bau, solange wird angeliefertes Essen im Aulafoyer aufgetischt.

Aus Sicht der Schulleiterin besticht das Modell vor allem dadurch, dass auch die Kinder betreut werden können, die sonst keinen Anspruch auf einen Kita-Platz haben. Mit 28 000 betreuten Kindern rechnet die Sozialbehörde, wenn die Hortreform vollständig umgesetzt ist. Derzeit gibt es 18 000 Hortkinder.

Doch genau darin liegt für viele Reformgegner ein Kritikpunkt. "Es ist ein Betreuungsschlüssel von 1:23 vorgegeben, in so großen Gruppen ist gute Betreuungsarbeit kaum möglich", sagt Christiane Willim vom Bündnis für Hortbetreuung. Da würden auch die zusätzlichen Honorarkräfte, im Fall der Pilotschule Lutterothstraße fortgeschrittene Lehramtsstudenten, nicht helfen: Sie könnten keine langfristigen Bezugspersonen für die Kinder darstellen. Auch die Unterbringung in Klassenzimmern, die nicht extra umgebaut werden können, entspreche nicht den nachmittäglichen Bedürfnissen der Kinder, die mal toben, mal ausruhen wollen. Ebenso wird die Qualität des gelieferten Mittagessens angezweifelt.

Kritik, die die Elterninitiative Peter und Paula teilt. "Auf den ersten Blick klingt ein kostenloses Angebot wunderbar", sagt Kirsten Wischmann. "Problematisch sind die qualitativ schlechten Bedingungen."

"Ohne bauliche Umgestaltung wird es an vielen Standorten schwierig", sagt auch Michael Rieckhoff, Geschäftsführer des Hortträgers Stapellauf. Dennoch ist er zufrieden mit der Pilotphase, es gebe viel zu diskutieren, bislang seien aber alle Punkte lösbar gewesen. Zudem bleibe mehr Zeit für pädagogische Angebote, wenn die Kinder nicht mehr zum Hort laufen müssen.

Ob genug Geld da sein wird, um die Räume an allen Schulen entsprechend umzubauen, ist aber noch unklar. Die Pilotphase wird aus dem Kita-Gutscheinsystem für den Hortbereich und Elternbeiträgen finanziert, außerhalb der Kernzeiten und in den Ferien ist die Betreuung nämlich nicht kostenlos. An der Finanzierung ab kommendem Schuljahr plane die Sozialbehörde noch, so Sprecherin Julia Seifert.

Die Opposition warnt vor einer überstürzten Umsetzung der Reform. "Bis auf die Schulen ist anscheinend niemand mit der Reform zufrieden", sagt SPD-Kita-Expertin Carola Veit. Sie warnt den Senat davor, erneut eine Reform an dem Willen von Eltern und Horten vorbei einzuführen.