Sie sind beliebt, aber die Ausnahme. Der 50-jährige Uli Offel ist einer der wenigen Männer, die Kleinkinder als Tagesvater betreuen.

Ottensen. Er wird ein gefragter Mann sein. Da ist sich Uli Offel jetzt schon sicher. Der 50-Jährige ist Tagesvater. Am 1. Oktober eröffnet er mit einem Kompagnon, der bereits seit zehn Jahren den Job ausübt und sich vor Anfragen kaum retten kann, eine Kindertagespflegeeinrichtung in Ottensen. "Es wird wohl die erste Einrichtung in Hamburg sein, die nur von Männern geleitet wird", sagt Offel. Das sei nicht nur eine Marktlücke, sondern ein "Marktkrater".

"Es wird höchste Zeit, dass Männer in das Geschäft einsteigen. Die Betreuung von Kindern durch beide Geschlechter ist im gleichen Maße wichtig", sagt der dreifache Vater, der für seine beiden Jüngsten - Pelle, 3, und Lotta, 1 - seinen Job als kaufmännischer Angestellter an den Nagel gehängt hat. "Kinder haben in der Regel viel zu wenig mit Männern zu tun", sagt er. In den meisten Haushalten herrsche immer noch die klassische Rollenverteilung. Zu Hause betreue die Mutter die Kinder, in der Kita und der Grundschule seien überwiegend Frauen Ansprechpartner für die Sprösslinge. "Wenn wir von Gleichberechtigung in unserer Gesellschaft sprechen, müssen wir diese aber auch vorleben. Kinder sollten möglichst früh erfahren, dass sich sowohl Frauen als auch Männer um sie kümmern können", sagt Uli Offel, dessen Frau einen Vollzeitjob in der Pharmaindustrie hat. Dass Männer die besseren Erzieher sind, daran glaubt er jedoch nicht. "Sie pflegen höchstens einen anderen Umgang mit Kindern, reagieren in der einen oder anderen Situation vielleicht gelassener."

Ab Oktober wird er als Tagesvater fünf Jungen und Mädchen betreuen. "Noch sind die Plätze nicht vergeben, aber die Nachfrage ist groß", sagt Offel, der jetzt die ersten Elterngespräche führt. Besonders beliebt seien Tagesväter bei alleinerziehenden Müttern, die froh seien, wenn ihre Kinder eine männliche Bezugsperson haben. Dass der 50-Jährige als Tagesvater noch eine Ausnahme darstellt, bekam er bereits zu spüren, als er das Qualifizierungsprogramm der Stadt Hamburg absolvierte. "Ich war der einzige Kerl in der Runde." Er vermute jedoch, dass sich künftig mehr Herren für den Beruf begeistern. "Weil die Gesellschaft begreift, wie wichtig es ist, dass Männer an der frühkindlichen Erziehung teilhaben."

Für seine Entscheidung, Tagesvater zu werden, hat Uli Offel eine simple Erklärung. "Die Arbeit mit Kindern ist wesentlich erfüllender als ein Job im Handel oder in der Industrie. Erfolg hast du, wenn die Kleinen ihren Spaß haben und gut drauf sind." Das sei zufriedenstellender als gute Zahlen zu schreiben. Und noch ein Grund habe ihn bewogen, den Job zu ergreifen: "So habe ich immer noch genügend Zeit, um mich um meine eigenen Kinder zu kümmern."