Rund 40 Erziehungsberater, Kinder- und Familientherapeuten haben sich in einem öffentlichen Appell vor dem Volksentscheid am 18. Juli für die Einführung der Primarschule ausgesprochen. Zu den Unterzeichnern zählt auch der bekannte Buchautor Jan Uwe Rogge ("Kinder brauchen Grenzen").

"Wir sehen in unserer Arbeit regelmäßig die seelischen Belastungen, die das derzeitige Hamburger Schulsystem Kindern und Jugendlichen aufbürdet", heißt es in der Erklärung. Die Entscheidung über den weiteren Bildungsweg überfordere die zehnjährigen Kinder ebenso wie ihre Eltern. Bis zur zehnten Klasse werde jedes vierte der ins Gymnasium eingeschulten Kinder wieder "aussortiert". Die frühe Erfahrung des Scheiterns schädige diese Kinder oft nachhaltig in ihrem Selbstwertgefühl und ihrer Leistungsmotivation. "Die Schulreform löst sicher nicht alle Probleme, aber sie ist ein Schritt in die richtige Richtung", schreiben die Berater und Therapeuten.

Auch zehn Professoren der Helmut-Schmidt-Universität sprechen sich in einer Stellungnahme für die Primarschule aus. "Die vielfältigen sozialen, kulturellen und ethnischen Unterschiede, auf die die Stadt zu Recht stolz ist, wirken sich für viele Kinder zum Nachteil durch eine frühe, zu frühe Selektion aus", schreiben die Geistes-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler. Andere Länder hätten "schon längst ihre Schulsysteme der heterogenen Ausgangssituation der Kinder angepasst, indem sie Gemeinschaftsschulen und intensiven Sprachunterricht eingerichtet haben".