Vorschulkinder werden in Billstedt mithilfe einer Bildungsinitiative und einer neuen Lernsoftware spielerisch auf die Schule vorbereitet.

Hamburg. "Ich will zuerst", ruft La-Liza. "Nein, ich", schreit Abdoul, als Erzieherin Irmlind Bendriss den Computer herausholt. "Jeder kommt dran und darf zwei Spiele spielen", sagt sie. Sobald der PC auf dem Tisch steht, drängen sich die Kinder um ihn herum. La-Liza, 6, gewinnt den Kampf um den Platz vor dem Bildschirm und darf als Erste ein Spiel aussuchen.

Es ist Mittwochvormittag. Der Tag, an dem die Löwengruppe, die Vorschulkinder der Kita Druckerstraße, Computerstunde haben. Das heißt in der Einrichtung in Billstedt: Spielen mit dem "Schlaumäuse-Programm" von Microsoft. "Die Kinder lieben diese Stunde", so Erzieherin Bendriss. "Und spielen konzentriert diese Lernspiele." Dabei würden sie sich gegenseitig helfen.

Microsoft Deutschland hat die Schlaumäuse-Lernsoftware 2003 zusammen mit dem Cornelsen Verlag und der ComputerLernWerkstatt der TU Berlin konzipiert. Sie soll die sprachliche Entwicklung von Kindern im Alter von vier bis sechs Jahren unterstützen und den spielerischen Umgang mit dem Computer fördern. Rund 4000 Kindergärten mit mehr als 100 000 Kindern nutzen die Software im Rahmen der Bildungsinitiative "Schlaumäuse - Kinder entdecken Sprache". Sie sollen so spielerisch auf die Schule vorbereitet werden. Die Schirmherrschaft hat das Bundesfamilienministerium übernommen.

In Billstedt loben die Erzieherinnen das Konzept. "Man merkt schnell die Fortschritte der Kinder", sagt Kita-Leiterin Astrid Kasperczyk. Ihr sei aber eines besonders wichtig: der richtige Umgang mit dem PC. "Viele Kinder erleben zu Hause, dass endlos gespielt wird. Hier sollen sie lernen, dass gewisse Zeiten reichen." Dass das Gerät sinnvoll zu verwenden sei, zum Nachschlagen und Lernen. "Und nicht für Gewaltspiele", so Kasperczyk, in deren Kita die Hälfte der 260 Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund stammt. Deshalb gebe es auch feste Zeiten für das Spiel.

Beim Programm ist die Bedienung so leicht gestaltet, dass die Kinder ohne Hilfe spielen können. Werkzeuge, mit denen sie Buchstaben und Wörter hörbar machen können, unterstützen sie. Das Programm passt sich jedem Kind an. "Deshalb loggen sich alle auch mit ihrem Namen ein", sagt Bendriss. Die Schwierigkeitsstufen ermöglichen es auch Kindern mit geringeren Deutschkenntnissen zu spielen.

Die Medienschulung scheint nötig. Das zeigt zumindest eine Umfrage, die Microsoft jetzt deutschlandweit unter rund 300 Erzieherinnen durchgeführt hat. Demnach hat jedes zweite bis dritte Kind zwei Jahre vor der Einschulung nicht genügend Deutschkenntnisse. Dagegen stehen die Ergebnisse, die die Studie für Kinder ergab, bei denen die Schlaumäuse im Kindergarten eingesetzt wurden. Rund 90 Prozent von ihnen verfügen über die zur Einschulung nötigen sprachlichen Fähigkeiten.

Professor Stefan Aufenanger von der Universität Mainz hat das Schlaumäuse-Programm unter die Lupe genommen. "Die Software ist kindgerecht gestaltet und verbindet Spaß mit Lernen", sagt der Dozent für Erziehungswissenschaft und Medienpädagogik. Für viele Kinder gehöre der PC heute schon früh zum Alltag. Deshalb sei es gut, wenn sie an den richtigen Umgang herangeführt würden. "Hier erwerben sie bereits im Kindergarten Medienkompetenz." Nicht richtig findet Aufenanger es jedoch, wenn Eltern fordern, ihre Kinder sollten den Umgang mit dem PC lernen, weil sie ihn später für das Berufsleben brauchen. "Das übt zu früh Druck aus." Die Schlaumäuse seien eine gute Alternative. Die Tatsache, dass Microsoft die Initiative ins Leben gerufen hat, stört den Experten nicht. "Ich glaube nicht, dass sich Kinder in dem Alter beeinflussen lassen."

In Billstedt hat La-Liza ihr erstes Spiel beendet. Freiwillig gibt sie den Platz vor dem Computer auf. "Nun bist du dran", sagt sie zu Abdoul. Doch das kesse Mädchen zieht sich nicht ganz zurück. Zusammen mit den anderen bildet sie einen Halbkreis um den Jungen. "Abdoul, Abdoul", rufen alle, um ihn anzufeuern. Und als Abdoul stockt, übernimmt Brian den Zeigestift und hilft. Streit gibt es vor dem Bildschirm nicht.