Morgen stehen die Schüler des Kurt-Körber-Gymnasiums in Billstedt mit US-Tanzprofis aus Kalifornien gemeinsam auf der Bühne.

Das Licht der Öffentlichkeit fällt nicht oft auf Billstedt. Und falls doch, dann bloß auf die Schattenseiten des Stadtteils. Von "Problemkiez" ist die Rede, und vom Kurt-Körber-Gymnasium am Pergamentweg als Schule inmitten eines "sozialen Brennpunkts".

"Wir wollen mit den Vorurteilen aufräumen und beweisen, was wir auf die Beine stellen können", sagen die Freundinnen Maria Omidi, 17, und Nurez Aydin, 17. Gemeinsam mit Deutschlehrerin Christiane Blietz haben die Schülerinnen die Young Americans, eine Gruppe von 50 Musical-Studenten aus Los Angeles, für drei Tage an ihr Gymnasium geholt. Damit das Licht der Scheinwerfer einmal auf die mehr als 400 Jugendlichen fällt, die sonst keine große Bühne haben.

Drei Tage lang studieren die jungen Tanzprofis aus Kalifornien mit den Billstedter Schülern eine Choreografie ein, die alle gemeinsam morgen um 18 Uhr vor Eltern und Freunden in der Sporthalle Wandsbek (Rüterstraße 75) zeigen. Doch die Hamburger, von denen mehr als 60 Prozent aus Familien mit Migrationshintergrund kommen, machen noch ganz andere Schritte. "Die Schüler sehen an einem tänzerischen Beispiel, dass konzentrierte Arbeit zum Erfolg führt", sagt Schulleiter Christian Lenz. Von dem Projekt, das die Stiftung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pricewaterhouse-Coopers (PwC) mit 25 000 Euro fördert, verspricht er sich für seine Schüler einen "Nachhaltigkeits-Höhenflug".

Die Startbahn dafür ist die Aula des Kurt-Körber-Gymnasiums. Aufgeregt und auch ein bisschen skeptisch beäugen die Schüler, die an diesem Nachmittag alle schwarze T-Shirts mit den aufgedruckten Tourdaten der Young Americans tragen, die Aufbauarbeiten der amerikanischen Studenten, die schon in der New Yorker Bronx vorgeturnt haben und auch an der Rütli-Schule in Berlin. "Keine Ahnung, was auf uns zukommt", sagen Anastasia Zenkova, 16, und Lina Sheikhzada,15, "aber wir lassen uns neugierig darauf ein." Das gilt auch für Oleg Scheltog,17, und René Görth, 18. Die Vorstellung, dass sie in wenigen Minuten vor Lehrern und Mitschülern tanzen sollen, löst leichtes Unbehagen aus. "Aber was soll's, wir machen mit."

Tatsächlich verwandelt sich die Aula binnen weniger Trommelschläge in ein "tanzendes Klassenzimmer", die Amerikaner reißen mit ihrer guten Laune die Schüler und die 30 Lehrer, die den Rhythmus längst aufgenommen haben, mit. "Wir lehren die Schüler spielerisch, sich nicht über soziale Umstände zu definieren, sondern Erfahrungen zu machen, die in eine wirkliche Selbstwertschätzung münden", sagt Michael Heib, Europa-Manager der Truppe.

Mit Erfolg, wie gerade erst eine wissenschaftliche Studie der Philipps-Universität Marburg ergeben hat: Das Projekt fördere den Gemeinschaftssinn, besetze den "Lernort" Schule positiv und stärke die Motivation der Schüler, sich schulischen Herausforderungen zu stellen, so die Wissenschaftler. "Die Schüler kehren gestärkt in den Unterricht zurück", heißt es.

Lehrerin Christiane Blietz möchte vor allem die Eltern einbeziehen, die sich vielleicht sonst für die Schule ihrer Kinder weniger interessieren. "Und das ist uns schon gelungen", sagt sie. Die 50 Studenten der "California Pacific University of Performing Arts" wurden alle bei Gastfamilien untergebracht, zudem bereiten viele Mütter Büffets vor und richten Grillfeste aus.

Natürlich werden die meisten Eltern auch morgen Abend dabei sein, wenn ihre Kinder zwei Stunden lang im Scheinwerferlicht stehen. "Diese Abschlussshow wird ein tolles Erlebnis für die Schüler", sagt Christiane Blietz. Weil sie endlich nicht die Jugendlichen aus dem sozialen Brennpunkt sind, sondern die Stars des Abends.