Eltern sind verunsichert und besorgt um ihre Kinder. Immer öfter suchen sie Rat bei Profis

Der Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche und in Internaten hat bei vielen Hamburger Eltern Besorgnis ausgelöst - und bei den Beratungsstellen zu einer verstärkten Nachfrage geführt. "Seit zwei Monaten haben wir etwa ein Drittel mehr Anrufe als sonst", sagt Wera Auras, Erziehungswissenschaftlerin in der Beratungsstelle "Zündfunke" in Eimsbüttel. "Auch das Interesse der Eltern an Prävention ist gestiegen, weshalb wir fünf neue Projekte ins Leben gerufen haben."

Die Eltern seien durch die Ereignisse in den vergangenen Wochen sensibilisiert und wollten erfahren, wie sie ihre Kinder schützen können. Sich um die Anfragen der Eltern zu kümmern, sei manchmal jedoch kaum mehr möglich. "Wir sind einfach überlastet", sagt Wera Auras. "Wir könnten gut noch zwei zusätzliche Berater gebrauchen. Dann wären wir in der Lage, Menschen intensiver zu begleiten." So aber müssten Ratsuchenden zum Teil zwei, drei Wochen auf einen Termin warten. Trotzdem ist die 51-Jährige froh, dass die Einrichtung bei den Haushaltsberatungen 2010 vor Kürzungen verschont geblieben ist.

Mit einer Aufstockung der Stellen können die Beratungsstellen trotz der verstärkten Nachfrage nicht rechnen. Mit einem knappen "Ja" antwortete der Senat jüngst auf die Frage des SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Gerhard Lein, ob die Finanzierungsgrundlage der Einrichtungen ausreiche.

Die Beratungsstelle "Allerleirauh" in Wandsbek/Eilbek stellt bereits seit einem Jahr eine verstärkte Inanspruchnahme fest. "Im vergangenen Jahr hatten wir etwa 1000 Kontaktaufnahmen", sagt die Psychologin Monika Borek. Damit seien die Kapazitäten der Einrichtung ausgeschöpft. "Wir sind überlastet. Weil die Nachfrage viel größer ist." Seit dem Missbrauchsskandal hätten sich zudem auch betroffene Männer oder deren Angehörige bei der Beratungsstelle gemeldet, die sich an Mädchen und Frauen, Mütter und pädagogische Fachkräfte richtet. Es werde gefragt, wo die Männer Hilfe bekämen. "Früher hat es diese Nachfragen nicht gegeben.

Heute haben wir ein bis zwei solcher Anrufe pro Woche", sagt Borek, die seit 19 Jahren bei "Allerleirauh" arbeitet. Fast zwei Jahrzehnte, in denen sich die Einrichtung von zwei ABM- auf acht Teilzeit-Stellen vergrößert hat. "Wir könnten uns jederzeit weiter vergrößern", so Borek. "Durch eine Bürokraft etwa könnten sich die Beraterinnen auf ihre Kernaufgabe konzentrieren."

Zusätzliches Geld wird die Stadt den Beratungsstellen nicht geben. Reagiert hat sie dennoch: Die Schulbehörde richtete am 19. März eine Vertrauensstelle ein, an die sich Opfer von Misshandlung wenden können. "Bisher hatten wir 17 Anrufe", sagt Sprecherin Brigitte Köhnlein. Ziel der neuen Anlaufstelle sei, den Betroffenen Gehör zu geben. "Wir müssen alles tun, um die Opfer von Missbrauch und Gewalt dabei zu unterstützen, zu ihrem Recht zu kommen", sagt Bildungssenatorin Christa Goetsch (GAL).

Beratungsstellen:

Allerleirauh, Telefon 29 83 44 83

Zündfunke, Telefon 890 12 15

Vertrauensstelle der Behörde, Telefon 428 63 27 85