So macht Unterricht Spaß: Ehemaliger Sozialpädagoge gibt Viertklässlern spannende Nachhilfe im Fach Heimatkunde.

"Ein Wasserturm." "Nein, eine Kirche!" "Oder eine Fabrik?" Anna (10), Tobias und Charlotte (beide 9) stehen mit ihren Klassenkameraden vor drei bunten Mosaikbildern, die am U-Bahnhof Steinstraße in die Wand eingelassen sind. Die beiden äußeren Bilder zeigen ein niedriges Gebäude mit einem hohen, schlanken Turm, das mittlere eine Art rundes Labyrinth. "Was kann das wohl sein?", hatte Hans Schuster (75) die Viertklässler zuvor gefragt. Der ehemalige Sozialpädagoge ist mit den Kindern auf einem Stadtrundgang zum Thema Heimatkunde. Für die Kids ist es die erste Spurensuche nach dem alten Hamburg, für Schuster die 250. Exkursion.

Seit 1999 - als sein ältester Enkelsohn in die vierte Klasse ging - bietet Schuster die lehrreichen Rundgänge an, die er "Auf Schusters Rappen in Hamburg unterwegs" nennt: immer in der Zeit zwischen Frühjahrs- und Sommerferien und immer für Viertklässler - denn für sie steht dann Hamburg auf dem Lehrplan.

"Ich bin hier geboren, aufgewachsen und alt geworden", erklärt Schuster sein Wissen über Hamburg und das Interesse daran, es weiterzugeben. Es macht ihm auch Spaß, jetzt das Geheimnis um die Mosaiken zu lüften. "Hier", sagt er zu den Kindern, "gab es einmal eine Wasch- und Badeanstalt für die Menschen aus den dunklen, feuchten Häusern, die hier standen." Er signalisiert den Kindern, ihm die Treppen hinauf zu folgen. Oben deutet er auf das runde Saturn-Haus an der Ecke Klosterwall/ Steinstraße. "Das musste in Erinnerung an das runde Waschhaus ebenfalls rund gebaut werden."

Matteo (10) zückt seine Digitalkamera, Charlotte (9) macht sich eifrig Notizen. "Am Freitag stellen wir eine Projekt-Mappe über Hamburg zusammen", sagen sie. "Da kommt auch rein, was wir gestern im Museum gelernt haben und morgen bei der Hafenrundfahrt erleben."

Klassenlehrerin Ulrike Edelmann hält viel von Schusters Stadtrundgang - sie macht ihn bereits zum dritten Mal mit einer vierten Klasse. "Hier wird so viel Wissen vermittelt, das sonst kaum einer hat", sagt sie. "Außerdem werden die Kinder mit einbezogen und können immer auch selbst mal einbringen, was sie wissen." Zum Beispiel jetzt, als Hans Schuster sie fragt, wie die Kirchen heißen, deren Türme man am Ende der Steinstraße sieht. Und als er das Bild des alten Steintors hochhält und wissen will, ob solche Tore auch nachts geöffnet waren.

Weiter geht's zum Domplatz, wo Hans Schuster den Kindern von der Hammaburg und dem mächtigen Mariendom erzählt. Immer wieder hält er historische Bilder hoch, die er aus seinem grasgrünen "Hackenporsche" kramt, auf dem ein großes Hamburg-Wappen prangt. Weil gerade die Sonne scheint, wird eine Picknick-Pause eingelegt. Die Kinder kramen ihr Frühstück raus. "Das ist wirklich interessant", sagt Tobias und beißt in sein Brot. "Jetzt weiß ich endlich, wo die Hammaburg stand." Dann geht's weiter. In St. Petri zeigt Schuster Kunstschätze, die aus dem früheren Mariendom gerettet wurden. In der Nikolairuine erwartet die Kinder eine Rallye. Über Trostbrücke und Deichstraße geht es schließlich zum Rathausmarkt, wo der dreieinhalbstündige Rundgang endet. 2,50 Euro hat jedes Kind gezahlt - nicht zu viel für den frisch erworbenen Reichtum an Wissen.