Fünf Grundschüler der Bonifatiusschule Wilhelmsburg hatten einen Vorlese-Termin beim Haspa-Chef Harald Vogelsang.

Hamburg. Johannes ist sofort orientiert. Zielstrebig steuert der Neunjährige das Büro des Haspa-Vorstandssprechers an, saust an der Sekretärin vorbei, setzt sich an den runden Tisch und schnappt sich von dort ein Obststück. So leicht kommt sonst keiner in das Reich von Harald Vogelsang. Doch Johannes und fünf weitere Schulkameraden der Bonifatiusschule Wilhelmsburg haben einen ganz offiziellen, halbstündigen Termin. Vogelsang soll ihnen etwas vorlesen, aber bitte etwas mit Spannung und Witz, so wie beim letzten Mal im Januar.

"Chefs lesen Kindern vor" heißt das Projekt, an dem die Hamburger Sparkasse teilnimmt und das innerhalb eines halben Jahres dreimal zwei Gruppen zusammenführt, die sonst wenig miteinander zu tun haben: Grundschüler und hochrangige Manager. So hatten neben Vogelsang auch die Vorstandsmitglieder Reinhard Klein, Wolfgang Botschatzke und Jörg Wildgruber (Vorstand Haspa-Finanzholding) Drittklässler gestern in ihre Büros geladen. Sie machen mit, "weil wir möchten, dass die Kinder Berührungsängste überwinden, dass sie erkennen, dass wir ganz normale Menschen sind. Außerdem macht mir das richtig Spaß, ist eine schöne Abwechslung", sagt Reinhard Klein.

Vorurteile abbauen, sich gegenseitig inspirieren, die Vereinbarkeit von Menschlichkeit und Wirtschaft - das sind die Ziele, die Projektgründer Dirk Brandt als Motivation für sein Engagement nennt. 15 Hamburger Grundschulen und 16 Unternehmen, darunter auch die Polizei Hamburg, Airport Hamburg und KPMG, machen mit bei "Chefs lesen Kindern vor".

Dabei ist das Vorlesen jedoch nur ein Eisbrecher, über den Schüler und Chefs miteinander in Kontakt kommen. So interessiert sich die Gruppe bei Harald Vogelsang nach der ersten Geschichte mehr für die Größe des Vorstandsschreibtisches, er wird genau ausgemessen. "Da ist gar kein Computer drauf", staunt Daniel. Auch Reinhard Klein im Nachbarbüro muss spontan sein, denn seine kleinen Besucher wollen nach dem ersten Buchkapitel von "Krabat" lieber die Haspa-Zentrale kennenlernen.

Die halbe Stunde ist schnell rum und die Acht- und Neunjährigen sind sichtlich begeistert. "Ich war sicher, Chefs sind immer gestresst, und hätte nie gedacht, dass die sich für uns Zeit nehmen", sagt Emilia. Timo war vorher überzeugt, "dass Chefs total streng sind". Nach dem Besuch findet er die "nett und entspannt". Für seinen Lehrer Rolf Seldis ist an dem Projekt vor allem wichtig, "dass die Kinder so früh wie möglich in die Arbeitswelt reinschnuppern und offen damit umgehen".

Infos: www.chefslesen.de