Als Schirmherr des 1. Hamburger Glücks-Symposiums fordert der Kabarettist und Autor, Glück als Unterrichtsfach zu etablieren.

Hamburg. Kann man Glück lernen? Eckart von Hirschhausen, Autor des Bestsellers "Glück kommt selten allein", ist davon fest überzeugt und fordert Glück als Schulfach. Er ist Schirmherr des 1. Hamburger Glücks-Symposiums, bei dem es am kommenden Montag um das "Schulfach Glück" geht. Im Interview erläutert er, welche Lerninhalte er sich vorstellen kann und warum es höchste Zeit ist, den Unterricht schnellstens anzufangen.

Hamburger Abendblatt: Herr von Hirschhausen, ist Glück lernbar?

Eckart von Hirschhausen: Das klingt erst einmal erstaunlich. Warum eigentlich? Wir gehen selbstverständlich davon aus, dass man Sprachen erlernen kann sowie Mathe, Geschichte und Biologie. Wenn man unter Glück zum Beispiel Genießenkönnen, Achtsamkeit, Stärkenorientierung, Beziehungspflege, Widerstandsfähigkeit in Krisen und Sinnsuche versteht, dann ist die Antwort ein klares Ja. Das können Sie lernen - und es lohnt sich. Wie viele Wege kennen Sie, sich aus schlechter Laune zu befreien? Wenn ich mich und meinen Körper besser kenne, muss ich weder auf Glotze oder Schokoriegel zurückgreifen, dann bewege ich mich, kümmere mich um andere oder habe gelernt, negative Gedankenschleifen zu unterbrechen. Wenn man sich vor Augen hält, was Übergewicht, Rückenschmerzen und Depression volkswirtschaftlich und seelisch an Kosten verursacht, ist es höchste Zeit, mehr Gesundheit und Psychologie an dem Ort zu lehren, wo wir am schnellsten lernen, in der Schule. Wenn ich überlege, was von meinem Schulwissen ich tatsächlich im Leben jemals wieder gebraucht habe und was nicht, wirkt die Forderung, Glück als Schulfach einzuführen, nicht utopisch, sondern sehr vernünftig.

Abendblatt: Nennen Sie uns doch Ihre persönliche Glücksformel?

von Hirschhausen: In meinem Buch "Glück kommt selten allein" klingt meine persönliche Glücksformel schon im Titel an: Die wichtigsten Glücksbringer sind andere Menschen. Am besten machen Sie gleich in Gedanken einmal einen roten Kringel im Adressbuch um die ausgewählten Freunde, mit denen Sie lachen, weinen und schweigen können. Es gibt Naturtalente der guten Laune, die verbreiten Freude, egal, wo sie ankommen. Andere verbreiten gute Laune, egal, wo sie weggehen.

Abendblatt: Wann sollte man anfangen, Glück zu lernen?

von Hirschhausen: Der amerikanische Psychotherapeut Milton H. Erickson soll einmal gesagt haben: "Es ist nie zu spät, eine glückliche Kindheit zu haben." Aber gibt ein "zu früh"? Ich glaube nicht. Ganz pragmatisch gesehen kann man in der Schule damit anfangen. Wenn man fürs Leben und nicht für die Schule lernt, frag ich mich, wann Glück ein allgemein verbindliches Schulfach wird. Denn alle Menschen wollen glücklich sein.

Abendblatt: Was genau sollte man in dem Schulfach denn lernen?

von Hirschhausen: Ernst Fritz-Schubert macht es uns vor. In seiner Willy-Hellpach-Schule kann man seit über zwei Jahren im Schulfach Glück alles lernen, was zu einem gelingenden Leben beiträgt: Freude am Leben, Freude an der eigenen Leistung, Umgang mit dem Körper, das Glück des Augenblicks, den Alltag als Abenteuer zu begreifen und soziale Verantwortung.

Abendblatt: Gibt es auch handwerkliche Fähigkeiten, die Schüler lernen können?

von Hirschhausen: Jeder Mensch sollte eine Entspannungstechnik beherrschen. Das ist seelisches Handwerkszeug! Ob einen autogenes Training, Muskelentspannung, Achtsamkeitsmeditation, Yoga oder spezielle Musik in einen ausgeglichenen Zustand bringt, kann jeder für sich herausfinden. Die medizinischen Vorteile von Stressreduktion bis Blutdrucksenkung und mehr Mitgefühl mit anderen sind bestens belegt. In anderen Kulturen gehört es selbstverständlich dazu, bei uns hoffentlich auch bald.

Abendblatt: Welche Voraussetzungen müssen Lehrer erfüllen, die Glück unterrichten?

von Hirschhausen: Mittlerweile bietet das Fritz-Schubert-Institut Weiterbildungen für Lehrer an. Da geht es um Theaterpädagogik, Motivation, Resilienz - also seelische "Steh-auf-Qualitäten" und vieles mehr. Lehrer erfahren zunächst für sich selbst, glücklicher zu sein - schließlich sind sie auch Menschen. Zudem lernen sie, wie man diese Erfahrungen weitergibt.

Abendblatt: Schule bedeutet auch immer Prüfungen. Wie prüft man Glück?

von Hirschhausen: In Japan gibt es Smiling-Schools. Wenn man dort nicht lernt, anständig zu lächeln, ist der Job gefährdet. So soll das nicht sein. Glück an sich kann nicht geprüft werden - aber das Bemühen darum. Für die Benotung gibt es viele Möglichkeiten. Eine davon heißt "Portfolio". Das ist eine Art Tagebuch zum Schulfach Glück. Wird das ordentlich geführt, gibt's eine ordentliche Note.

Abendblatt: Gibt es eine Eins, wenn man glücklich ist?

von Hirschhausen: Ich finde, es ist schon eine Eins wert, wenn Sie sich intensiv mit dem Glück beschäftigen.

Abendblatt: Jetzt mal ganz grundsätzlich: Können es sich Schulen in Zeiten schlechter PISA-Ergebnisse wirklich leisten, nicht nur harten Stoff zu vermitteln? Kommen dann nicht Mathe, Englisch, Bio usw. zu kurz?

von Hirschhausen: Gegenfrage - können wir uns es leisten, es weiter nicht zu tun? Wirtschaftskrise und Bildungskrise zeigen ja gerade, dass wir uns neue Konzepte einfallen lassen müssen. Mehr als 30 Prozent aller Schüler haben massive Schulangst - das kann nicht so weitergehen. Wir brauchen starke und glückliche Menschen, um die Krisen zu meistern. Damit sind Eltern, Lehrer und Schüler gemeint.

Da bestätigt die moderne Glücksforschung viel von dem, was in Weisheitslehren rund um die Welt enthalten ist: Eine rein materielle Orientierung macht uns arm. Der Optimist sagt, das Glas ist halb voll, der Pessimist sagt, das Glas ist halb leer. Und ein Unternehmensberater sagt: Sie haben 50 Prozent mehr im Glas, als Sie bräuchten.