Das Ziel der Initiative: Jugendliche sollen einen eigenverantwortlichen Umgang mit eigenen Daten und mit den Daten anderer lernen.

Hamburg. Rasmus (18) ist es schon passiert: "Freunde haben in Partylaune ein Profil bei Netlog erstellt, das nicht stimmt", erzählt der Oberstufenschüler der Gesamtschule Walddörfer (Volksdorf). Neben falscher Augenfarbe und veränderter Haarfarbe machten seine Kumpels ihn auch noch "bisexuell". Nur der Name war echt. "Man findet mich sofort", sagt Rasmus. Schon mehrfach habe er versucht, die falschen Daten aus dem Netz zu verbannen. Bislang ohne Erfolg. "Und von meinen Freunden kann sich keiner an das Passwort erinnern."

Dumm gelaufen, und kein Einzelfall. Denn so selbstverständlich für viele Kinder und Jugendliche der Umgang mit dem Internet für Hausgaben, zum Chatten oder als Mitglied bei SchülerVZ oder Facebook ist, so wenig wissen sie meistens über die Risiken des Wegs durch die Cyber-Welt. "Die stellen in einem jugendlich enthemmten Selbstdarstellungsdrang unreflektiert Fotos von Partys oder irgendwelchen peinlichen Situationen ins Netz, die sie dann später zutiefst bedauern", sagt der Hamburger Datenschutzbeauftragte Professor Dr. Johannes Caspar. Zum Beispiel, wenn ein potenzieller Arbeitgeber so etwas im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens aufspürt. "Die Grenzen zwischen tatsächlicher und digitaler Welt verschwinden."

Um den Jugendlichen einen eigenverantwortlichen Umgang mit eigenen Daten und mit den Daten anderer zu vermitteln, hat Caspar jetzt das Pilotprojekt "Meine Daten kriegt ihr nicht" an der Gesamtschule Walddörfer initiiert. Mit im Boot sind Schulbehörde, Landesinstitut für Lehrerfortbildung und Schulentwicklung, Polizei und die Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein. Caspar: "Das Leben in der digitalen Welt muss eingeübt werden. Datenschutz ist eine Bildungsaufgabe und sollte in der schulischen Ausbildung eine besondere Rolle spielen." Hamburg könnte Vorbild werden.

Und was passt da besser als Starttermin als der heutige Safer Internet Day. Schüler der siebten Klasse machten sich gestern auf eine erste Spurensuche im Netz. In diesem Fall war es die virtuelle 13-jährige Anna, von der nach ein paar Sucheingaben Fotos von Menschen nach einer Party auftauchten, außerdem fand sich ein Blog "Bin ich Alkoholikerin?". "Echt krass", sagte Pertti (12), der auch in SchülerVZ aktiv ist. Und auch Pia schüttelte den Kopf. "Klar, ich stelle auch Fotos von mir und meinen Freunden in Facebook, von Partys und so. Ich kann mir das gar nicht ohne das vorstellen", erzählt die Zehntklässlerin. "Aber ich passe schon auf, welche ich nehme."

Nach einer Erprobungsphase soll die Unterrichtseinheit bis zum Sommer weiterentwickelt und wissenschaftlich überprüft werden, bevor sie an allen Hamburger Schulen eingesetzt wird. "Wir erwarten, dass die Schulen das Projekt flächendeckend im Unterricht etablieren", betonte der Leiter der Schulaufsicht, Michael Just, gestern. Internet-Opfer Rasmus findet das wichtig. Zusammen mit Mitschülern hat er schon Fortbildungen über soziale Netzwerke an der Schule für Eltern und Lehrer gemacht. "Es bringt nichts, wenn die Erwachsenen eingreifen", sagt er. "Aber das Bewusstsein für den verantwortlichen Umgang ist wichtig."