Es geht um Atomkraft und Treibhausgase. Junge Menschen werben für ihre Energiepolitik des Jahres 2020.

Hamburg. Die Europawahl 2020 steht vor der Tür. Drei Parteien treten an: "Die Zukunft sieht grün" (ZSG), die Sozialdemokratische Umweltpartei (SUP) und die Wirtschaftlich Liberale Partei (WLP). Zentrales Thema bei allen Parteien ist die Energiepolitik. Einig ist man sich über die Notwendigkeit, Treibhausgase zu reduzieren und regenerative Energieformen zu fördern. Über den Weg dorthin allerdings wird in einer Parlamentsdebatte erbittert gerungen.

Austragungsort dieser simulierten Auseinandersetzung ist die Aula des Gymnasiums Hamm. Die Oberstufenschüler der Europaschule nehmen an dem 2008 gegründeten Programm "Jugend denkt Europa" der Bosch-Stiftung teil. Zehn Schüler sitzen auf dem Podium und führen Wahlkampf, ihre Mitschüler sind das Publikum und sollen am Ende der Veranstaltung die am meisten überzeugende Partei wählen.

"Wir wollen Jugendliche für europäische Themen interessieren und darauf vorbereiten, Europa politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich mitzugestalten", sagt Andrea Parosanu vom Institut für Organisationskommunikation (IFOK). Sie ist für die Betreuung von Schülern zuständig, die an den europapolitischen Projektwochen teilnehmen, die "Jugend denkt Europa" in Deutschland und 13 weiteren europäischen Ländern anbietet.

Andrea Parosanu moderiert die Debatte. Sie erteilt der ZSG das Wort. "Ihr wollt Atomkraft ausbauen - es ist aber nicht möglich, den radioaktiven Endmüll sicher zu lagern", wirft Lilia (20) den beiden Vertreterinnen der Wirtschaftsliberalen vor. Deren Abgeordnete Laura (18) kontert: "Wenn wir Kernfusion statt Kernspaltung einsetzen, können wir das sehr viel risikoärmer gestalten. Zudem wollen wir den Profit, den wir mit billiger Atomkraft machen, in die Erforschung erneuerbarer Energien stecken." Dann werden Laura und ihre Parteigenossin Kristina (17) mit einem verbalen Angriff aus der Ecke der SUP konfrontiert. "Ihr habt gesagt, dass ihr plant, nur die effizientesten Unternehmen mit Subventionen zu unterstützen", sagt Esme (17). "Doch das ist ungerecht den vielen kleinen Unternehmen gegenüber, die vielleicht weniger wirtschaftlich arbeiten."

Während der Projektwoche werden die Jugendlichen von Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft und von Abgeordneten des Europäischen Parlaments unterstützt. Zwischen den Gymnasiasten aus Hamm sitzen die drei Hamburger Europa-Abgeordneten: die ehemalige Zweite Bürgermeisterin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) unterstützt Laura und Kristina von der WLP, Knut Fleckenstein (SPD) die Sozialdemokraten Esme, Florance (16) und Sebastian (17), und Sabine Wils (Die Linke) Lilia, Haran (19) und Tugba (18) von "Die Zukunft sieht grün".

"Liberalisierung birgt Gefahren", sagt Fleckenstein in Richtung WLP. "Schließlich hat liberale Politik die Finanzkrise ausgelöst." Sabine Wils ergänzt den "Vorschlag" der SUP, die Anzahl der Flüge aus Umweltschutzgründen per Gesetz zu reduzieren: "Billigflüge wecken Begehrlichkeiten. Flüge müssen endlich das kosten, was sie an Umweltschäden verursachen."

Immer wieder greifen in die Auseinandersetzung auch Valentina (18) und Lydia (16) von der Presse-Gruppe ein und stellen den Diskutanten unangenehme Fragen. Am Ende der Debatte wählen die Zuhörer. Die Sozialdemokraten liegen vorn. Florance, Esme und Sebastian jubeln. "Dass ich das noch mal erleben darf, Frau Schnieber-Jastram", freut sich auch Knut Fleckenstein.

Die Ergebnisse der "Jugend denkt Europa"-Projektwochen werden in allen Teilnehmerländern diskutiert, zu einer gemeinsamen Erklärung zusammengeführt und für die Übergabe an die EU-Ratspräsidentschaft aufbereitet. 2010 hat Spanien das Amt inne. Es kann also gut sein, dass Außenminister Miguel Ángel Moratinos Cuyaubé eines Tages einen Vorschlag liest, der von den Schülern des Gymnasiums Hamm gemacht wurde.