In Hamburg bekommt im Schnitt nicht einmal jeder fünfte Schulabgänger mit Hauptschulabschluss sofort einen Ausbildungsplatz in einem Betrieb. An der Richard-Linde-Schule in Lohbrügge ist es fast jeder zweite - obwohl die meisten nicht Deutsch als Muttersprache haben. "Bei uns tauschen die Schüler ab der achten Klasse für zwei Tage die Schulbank gegen den Betrieb. Das hat sich sehr bewährt", sagt die stellvertretende Schulleiterin Angelika Maijer. Ihr Berufsorientierungsprojekt hat die Haupt- und Realschule "anSCHub zum Erfolg" getauft. Gestern Abend bekam sie dafür mit zwei weiteren Schulen den Schulpreis der Stiftung Hamburger Hauptschulmodell.

Christian Koch (15) macht im Sommer seinen Hauptschulabschluss. "Ich hoffe, dass ich es schaffe", sagt der Neuntklässler, dessen Familie aus Turkmenistan kommt. Viel lieber als in die Schule geht er zum Praktikum im Block House in Bergedorf. "Restaurantfachmann ist mein Traumberuf." Und er macht seinen Job so gut, dass er Aussicht auf einen Ausbildungsplatz hat.

Dahinter steckt ein über zehn Jahre ausgeklügeltes Konzept. "Dadurch, dass die Schüler vier sechsmonatige Praktika machen, sind sie viel sicherer", sagt Silvia Rebert, Fachleiterin für die Berufsorientierung. Insgesamt kooperiert die Schule mit 300 Firmen. Die Schüler lernen die Betriebe kennen, und die Betriebe sie. "Da spielt die 5 in Englisch keine große Rolle mehr", sagt Rebert. Zumal die Schule auch Praxiszeugnisse verteilt. Da geht es um Dinge, die im Beruf wichtig sind, wie Pünktlichkeit oder Auftreten. "Die haben Gewicht."

Bei Kenneth Burtelt (15) ist das Praxiszeugnis gut, viel besser als das normale. "Ich bin bei der Arbeit anders, erwachsener", sagt er. "Die nehmen einen ernst, und dann muss man sich auch anstrengen." Jetzt hat er sich für einen Ausbildungsplatz als Kfz-Mechatroniker beworben. "Ich bin zum Test eingeladen." Ohne die Praxistage, da sind sich auch Aylin Nur Görün (15) und Marcel Schultz (16) sicher, hätten sie keine Chance auf eine Ausbildung.

Weiterer Erfolg der dualen Ausbildung: "Obwohl die Schüler weniger Schulzeit haben als andere, sind die Noten besser", sagt Vize-Schulleiterin Maijer. Schulabbrecher, Disziplinprobleme, Gewalt - alles das, was den schlechten Ruf von Hauptschulen ausmacht, gebe es bei ihnen kaum. Trotzdem ist das Projekt ein Auslaufmodell. "Wenn wir Stadtteilschule werden, haben wir Haupt- und Realschüler und Abiturienten in einer Klasse. Dafür müssen wir neue Berufsorientierungsmodelle entwickeln."