Jeder zehnte Jugendliche zockt regelmäßig - und klagt deshalb über schlechtere Leistungen.

Die zweifelhafte Freiheit ist an der Tankstelle zu kaufen. Etwas Taschengeld auf den Ladentisch legen, den Beleg von "Paysafe" in die Tasche stecken, und schon können Schüler anonym im Internet für Computerspiele oder Pokerrunden bezahlen. Per Nummercode wie bei einer Handy-Telefonkarte - ohne dass jemand nach Kreditkarte oder Konto fragt. Eine Methode, die nur wenige Erwachsene kennen, vielen Teenagern aber geläufig ist.

Jeder zehnte Jugendliche in Hamburg spielt regelmäßig um Geld. Besonders beliebt sind Sportwetten und Pokerspiele, ob im Internet oder in realen Runden. Der klassische Spielautomat folgt an dritter Stelle. Beliebt sind auch Rubbellose. Zudem spielt rund die Hälfte aller Jugendlichen regelmäßig am Computer, etwa 19 Stunden je Woche. Offenbar nicht immer ohne negative Folgen: Jeder zehnte der 14- bis 18-Jährigen klage deshalb über schlechtere Leistungen in der Schule, jeder fünfte hat bereits nach eigenen Angaben vergeblich versucht, weniger zu spielen.

Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Studie, die erstmals belastbare Zahlen über Glücksspiel- und Computerspielverhalten Hamburger Jugendlicher liefert und gestern vorgestellt wurde. Gesundheitssenator Dietrich Wersich (CDU) bezeichnete einige der Ergebnisse als "alarmierend".

Demnach sind zehn Prozent der regelmäßigen Glücksspieler unter 18 Jahre alt - und spielen damit illegal. Jungen (17,2 Prozent) zocken in dieser Altersgruppe deutlich häufiger als Mädchen (2,7 Prozent). Mit rund 44 Euro pro Monat geben 14 bis 15 Jahre alte Vielspieler etwa die Hälfte ihres monatlichen Taschengeldes dafür aus. Berufsschüler und Gymnasiasten "zocken" häufiger als Haupt- oder Gesamtschüler. "Das Glücksspiel trifft auch die sogenannten besseren Bildungsschichten und ist kein soziales Phänomen", sagte der Senator.

Ein düsteres Bild zeichnen Hamburgs Lehrer von der Präventionsarbeit in den Schulen. 92 Prozent halten ihre Schüler für schlecht über Risiken des Glücksspieles informiert, drei von vier Pädagogen halten zusätzliche Maßnahmen für notwendig. Allerdings dient die vorliegende Studie bereits als Vorbereitung für Präventionsprojekte und soll nun regelmäßig erhoben werden. "Schulen haben uns von einem erhöhten Beratungsbedarf im Bereich Glücks- und Computerspiel berichtet. Die Studie soll nun Rahmendingungen klären", sagte Theo Baumgärtner, Leiter des Büros für Suchtprävention, das die Studie mit 3500 befragten Schülern erarbeitet hat. Unstrittig scheint jedenfalls, dass Handlungsbedarf besteht. Auch wenn nicht zwingend von einer Computerspielsucht gesprochen werden könne, so Baumgärtner, sei auffällig, "dass Vielspieler signifikant häufiger als Gelegenheitsspieler über schulische und gesundheitliche Probleme berichten". Anhaltspunkte für die Pädagogen sollen Motive der Schüler bieten. Beim Glücksspiel sind das neben "Geld gewinnen" (82 Prozent) auch Gründe wie "Langeweile" (45 Prozent), aber auch "Fähigkeiten anwenden" (18 Prozent). Baumgärtner: "Man kann schließen, dass viele Jugendliche Resultate von Glücksspiel für beeinflussbar halten."