Ein Schuljahr auseinander, zusammen Abitur: wie die Geschwister Rebecca und Matthias Heine sich vorbereiten.

Besonders aufgeregt sind sie noch nicht. Zumindest sagen sie das. Aber der Countdown läuft jetzt: In gut drei Wochen schreiben die Heine-Geschwister ihre erste Abiturklausur. Und dann gleich im Deutsch-Leistungskurs. "Ist doch noch weit weg", sagt Matthias (17) und lehnt sich in seinem Schreibtischstuhl zurück. Aber Rebecca (19) guckt plötzlich doch ein bisschen unsicher: "So lange ist das gar nicht mehr." Obwohl die beiden ein Schuljahr auseinander sind, machen sie in diesem Sommer zusammen Abitur am Harburger Alexander-von-Humboldt-Gymnasium: Rebecca nach 13 Jahren, Matthias nach zwölf Jahren.

"Ich habe das Gefühl, dass wir jetzt auf dem gleichen Leistungsstand sind", sagt Rebecca. Seit drei Semestern lernen sie im Doppel-Abi-Jahrgang zusammen - wie insgesamt etwa 10 000 Schüler an Hamburger Gymnasien. Allerdings haben Turbo-Abiturienten wie Matthias mehr Stress. "Ich muss auch jetzt noch mehr Kurse belegen", sagt er. Im Schnitt hat er über die vier Oberstufen-Semester 34,5 Wochenstunden vorzuweisen, seine Schwester nur 28,5. "Eigentlich ungerecht, denn wir bringen ja die gleiche Menge an Kursen in die Abi-Note ein", sagt Rebecca.

Ein Blick auf den Schreibtisch gibt eine Ahnung von dem Lernpensum, das noch vor ihnen liegt. Da türmen sich Deutsch-Lektüren, Schulbücher, Mappen, Lexika. "Ich muss noch ganz viel lesen", sagt Rebecca. Vier Aufgaben stehen für die Deutsch-Klausur auf dem Plan. "Ich werde wahrscheinlich die aus der neueren Literatur nehmen", sagt Rebecca. Unter dem Motto Familienbeziehungen sollen Texte von Peter Weiss und Norbert Gstrein untersucht werden. Ihr Bruder schwankt noch.

Die nächsten zwei Wochen haben die Abiturienten in Hamburg noch Unterricht, die letzte Januarwoche ist frei - zum Pauken. Denn in den Prüfungswochen vom 1. bis 15. Februar geht es Schlag auf Schlag, alle zentralen Abi-Klausuren werden geschrieben. Bei Rebecca sind es noch Englisch und Religion, bei Matthias Geschichte und Philosophie. In den Leistungskursen sind jeweils fünf Zeitstunden angesetzt, im dritten Prüfungsfach vier. "Die lange Zeit hat mir schon Angst gemacht", sagt Rebecca. Aber nach dem Probe-Abi im Dezember fühle sie sich sicherer. "Man muss sich einen Zeitplan machen", meint ihr Bruder.

Auch für die Schule ist der doppelte Abi-Jahrgang eine große Herausforderung. "Wir haben 150 statt 75 Abiturienten", sagt Schulleiter Matthias Peters (41). Das bedeutet 450 Klausuren plus noch einmal dieselbe Menge an Zweitkorrekturen. Bei Deutsch- oder Englisch-Klausuren kann sich die Korrekturzeit eines Kurses schon mal auf 75 Stunden und mehr summieren. "Bislang hat sich die Mehrbelastung in gewissem Maße über das Jahr ausgeglichen, im Doppeljahrgang klappt das nicht", sagt der Schulleiter. "Aber wir stellen uns der Herausforderung." So richtig eng wird es dann im Juni, wenn die mündlichen Prüfungen anstehen.

So weit denken die Heine-Geschwister noch nicht. Sie wollen erst mal die Klausuren gut hinter sich bringen. "Gerade bei uns im Doppel-Abi-Jahrgang ist der Konkurrenzdruck groß", sagt Rebecca. Während ihr Bruder erst mal Zivildienst machen will, hat sie vorgesorgt. "Ich möchte Logopädie studieren und habe schon einen Studienplatz an einer privaten Hochschule."