Im Sommer soll der Segler wieder seetüchtig sein und zu Wasser gelassen werden. Sein Heimathafen wird Övelgönne sein.

Hamburg. Eine alte Halle, versteckt in einem Bahrenfelder Gewerbehinterhof. Durch das halb geöffnete blaue Eingangstor sind Geräusche emsiger Betriebsamkeit zu hören: Schleifen, Hämmern und Sägen, dazwischen immer wieder Kinderstimmen. Seit September sind hier die "Kutterkinder" am Werk - Schüler der Rudolf-Steiner-Schule Altona, die an jedem Freitagnachmittag in wechselnder Besetzung getreu dem Waldorf-Motto "mit Herz, Hand und Verstand" einen 40 Jahre alten Jugendwanderkutter renovieren. Sobald das Boot seetüchtig ist, wollen die Schüler damit die Elbe rauf- und runterschippern.

Initiatoren des Kutterprojekts sind Klas Klauberg und Kai Ulrich, deren Kinder die Altonaer Steiner-Schule besuchen. "Altona war 1535 als Fischerdorf gegründet worden, die Schule liegt direkt an der Fischersallee", sagt Kai Ulrich. "Da liegt es nahe, den Kindern das Rudern und Segeln auf der Elbe nahezubringen - mit allem, was es rund um den Bootsbau und die Pflege eines Vollholzschiffes zu wissen und zu lernen gibt." Mit Spenden einer spontan gegründeten Elterninitiative wurde im Sommer ein zwölf Meter langer Jugendwanderkutter angeschafft, kurz darauf konnte mit den Fördermaßnahmen der Aktion "Anstiften! 50 Impulse für Hamburg" die Bahrenfelder Industriehalle angemietet werden. Das benötigte Werkzeug stellte der Museumshafen Oe velgönne zur Verfügung.

Das offene Segelboot mit zwei Luggersegeln und zehn Riemen wurde in den 60er-Jahren nach dem Vorbild der kaiserlichen Marinekutter gebaut - und rottete in den vergangenen zwölf Jahren in der Halle eines Bremer Wassersportvereins vor sich hin.

Für die Kutterkinder gibt es also jede Menge zu tun. Rund 1000 pädagogisch ungemein wertvolle Arbeitsstunden sind angesetzt. Werftregeln legen fest, wie lange gearbeitet werden muss und wer welche Aufgaben übernimmt. Am Ende des Nachmittags dokumentieren die Schüler in Arbeitsbüchern, was sie erledigt haben - für gute Leistungen gibt's einen Stempel.

Kilian und Georg (beide 8) sind heute für die Arbeit an den Riemen eingeteilt. Bevor sie geölt und neu lackiert werden, müssen die maroden Holzruder sorgfältig per Hand abgeschliffen werden. "Das dauert so lange", stöhnt Kilian und wirft einen neidischen Blick auf Alexandra Zickwolff, Mutter an der Rudolf-Steiner-Schule, die einen der beiden Maste mit der elektrischen Schleifmaschine bearbeitet. "Dafür seid ihr noch zu klein", sagt Klas Klauberg. Außerdem: Die Kinder sollten ruhig Mühe haben, etwas herzurichten - das erhöhe ihren Respekt vor den Dingen. "Ihnen wird später niemand sagen müssen, dass sie auf die Riemen achten sollen", sagt Klauberg.

Niclas (13), Rashid (6) und Linus (12) sind am und im aufgebockten Boot beschäftigt. Unter Aufsicht von Großvater Peter Klauberg klopfen sie Nieten und verfaulte Spanten raus und entfernen Zwischenböden. Wenn diese Arbeiten in einigen Wochen erledigt sind, werden sie aus Baumstämmen Planken schneiden und über heißem Dampf Spanten biegen, die noch warm ins Boot eingepasst und mit Kupfernieten befestigt werden müssen. "Auch wenn es manchmal mühsam ist", sagt Niclas, "uns macht es Spaß, an einer gemeinsamen Sache zu arbeiten."

Bis Juli wollen die Kutterkinder ihren Kahn Elbe-flottgemacht haben. Ein Liegeplatz im Museumshafen wurde ihnen bereits zugesagt. Doch auch wenn das Boot zu Wasser gelassen wird, ist das Kutterprojekt noch nicht beendet. "Nach dem Erwerben handwerklicher Fähigkeiten sollen die Kinder dann das Segeln lernen", sagt Klauberg, der selber Segellehrer und Personal Trainer ist. "Das bedeutet gleichzeitig, dass sie Verantwortung übernehmen und sich als Seemannschaft bewähren müssen." Ist dann das Segeln erlernt, geht's richtig los: Dann sind Ausflüge und Klassenfahrten geplant, Hortprojekte und Kooperationen mit anderen Initiativen und Schulen.